Afghanistan:Berlin hält an Abschiebepraxis fest

Außenminister Gabriel und Innenminister de Maizière wollen daran festhalten, nur Straftäter und Gefährder nach Afghanistan abzuschieben.

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wollen daran festhalten, nur Straftäter und Gefährder nach Afghanistan abzuschieben. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, sagte am Mittwoch, es werde ein zwischen den Ressorts abgestimmter Zwischenbericht zur Sicherheitslage in Afghanistan an die Bundesländer übermittelt. Die Länder sind für die Durchsetzung von Abschiebungen zuständig. Der Zwischenbericht komme zu dem Ergebnis, dass die bisherige Haltung der Bundesregierung zu den erzwungenen Rückführungen nicht korrigiert werden müsse, sagte Schäfer. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass abgelehnte Asylbewerber je nach konkretem Fall in Afghanistan sicher leben können. Die Sicherheitslage hänge unter anderem von der Region sowie von persönlichen Umständen wie etwa Geschlecht und ethnischer Herkunft der Betroffenen ab, erklärte Schäfer mit Verweis auf den Zwischenbericht.

Im Dezember 2016 hatte es auf Grundlage dieser Haltung und einer entsprechenden Vereinbarung mit der afghanischen Regierung eine erste Sammelabschiebung nach Kabul gegeben. Weitere Flüge folgten. Die Sammelabschiebungen wurden nach einem schweren Anschlag auf die deutsche Botschaft in Kabul Ende Mai aber zum Teil wieder ausgesetzt, unter anderem, weil die Botschaft seit dem Anschlag noch nicht wieder komplett arbeitsfähig ist. Mit den Regierungschefs der Bundesländer wurde damals vereinbart, bis auf Weiteres nur Straftäter und Gefährder sowie Personen, die "hartnäckig" Hilfe bei der Identitätsfeststellung verweigern, abzuschieben. Diese Praxis soll nach der Verständigung zwischen Gabriel und de Maizière nun weiter gelten. Ein umfassender Bericht zur "asyl- und abschieberelevanten Lage" in Afghanistan sei turnusgemäß für Oktober vorgesehen, sagte Schäfer. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums leben derzeit 15 000 Afghanen in Deutschland, die ausreisepflichtig sind. Bis Mitte des Jahres wurden demnach 261 Afghanen abgeschoben.

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