Afghanistan:Angriff auf Unschuldige

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Extremisten verüben im Norden Afghanistans ein Massaker. Mindestens fünfzig Menschen fallen den brutalen Attacken zum Opfer, darunter Frauen und Kinder.

Von Tobias Matern, München

Extremisten haben in der nordafghanischen Provinz Sar-i Pul nach Angaben der Regierung ein Massaker verübt. Laut afghanischem Verteidigungsministeriums starben dabei etwa 50 Zivilisten. "Wir haben wieder einmal viele unschuldige Menschen verloren", sagte ein hochrangiger Mitarbeiter des Kabuler Ministeriums der Süddeutschen Zeitung am Sonntag. Die bei der Attacke verübte Brutalität übersteige alle Vorstellungskraft, er sei "am Boden zerstört", sagte der Regierungsbeamte. Die Terroristen hätten sich lange Kämpfe mit den Sicherheitskräften geliefert, dann ein Dorf in der Provinz eingenommen und anschließend Zivilisten brutal ermordet. Einige Menschen seien demnach von Klippen gestoßen worden, andere hätten die Extremisten kaltblütig erschossen, wiederum andere seien geköpft worden, sagte der Regierungsvertreter. Unter den Opfern seien Frauen und Kinder gewesen, die Taten seien von "ausländischen Terroristen" verübt worden. In afghanischen Medien hieß es, die Taliban und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) seien für das Massaker verantwortlich.

Die Taliban bestätigten in einer Erklärung die Einnahme des Dorfes, dementierten aber, für den Tod von Zivilisten verantwortlich zu sein.

In diesem Jahr hat die Gewalt gegen Zivilisten in Afghanistan deutlich zugenommen. In der ersten Jahreshälfte starben bei Gefechten zwischen Regierungstruppen und Extremisten nach Angaben der UN 1662 Zivilisten, 3581 Menschen wurden verletzt. Das ist ein Höchststand seit dem Sturz der Taliban vor 16 Jahren. Die afghanische Regierung bemüht sich, die Extremisten zu Friedensgesprächen zu bewegen, doch von den Islamisten kommen derzeit keinerlei versöhnliche Signale. Zudem ist die afghanische Regierung durch interne Streitigkeiten blockiert, Präsident Ashraf Ghani hat Probleme mit seinem Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah und soll auch im Clinch mit einem seiner Stellvertreter liegen.

US-Präsident Donald Trump erwägt derzeit, ein paar tausend zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Nach Angaben amerikanischer Medien hatte er kürzlich im Kreise einiger Minister und Vertrauter einen Wutausbruch, weil die USA den Krieg in Afghanistan nicht für sich entschieden. Tatsächlich haben die Taliban in Afghanistan ihre Macht ausgebaut, auch wenn sie nicht stark genug sind, die Regierung in Kabul zu stürzen.

Im nordafghanischen Kundus etwa, für das die Bundeswehr bis zum Abzug der Kampftruppen im Jahr 2013 zuständig war, seien die Taliban erneut bis an die Ränder der Provinzhauptstadt, berichtete Tolo News. Der Nachrichtensender zitierte einen Kommandeur der afghanischen Sicherheitskräfte, demnach seien zwar einige Operationen gegen die Taliban erfolgreich verlaufen, aber die Extremisten seien in Gebieten außerhalb der Stadt eine "Bedrohung" für die Bevölkerung.

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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