Afghanistan:Amerikas Alleingang

Mehr Soldaten an den Hindukusch: US-Präsident Barack Obama erwartet von den Europäern Gefolgschaft in Afghanistan - Partnerschaft sieht anders aus.

Martin Winter

Mit dem Versprechen, mehr Truppen nach Afghanistan zu schicken, haben etliche Nato-Länder und ihre Isaf-Partner der amerikanischen Regierung geholfen. Der Krieg am Hindukusch wirkt jetzt wie der Krieg einer großen Verteidigungsgemeinschaft. So kann US-Präsident Barack Obama einer skeptischen Öffentlichkeit die Truppenaufstockung besser verkaufen. Doch das ändert nichts daran, dass Afghanistan jetzt ein amerikanischer Krieg ist.

Afghanistan: Mindestens 37.000 Soldaten sollen im kommenden Jahr die von der Nato geführte Afghanistan-Schutztruppe Isaf verstärken.

Mindestens 37.000 Soldaten sollen im kommenden Jahr die von der Nato geführte Afghanistan-Schutztruppe Isaf verstärken.

(Foto: Foto: AP)

Die Strategie, mit dem massiven Aufbau von Truppen die Taliban zum Aufgeben zu zwingen, wurde nicht mit den Europäern diskutiert. Das Weiße Haus hat sie beschlossen und verlangt von seinen Alliierten nun, ihre Feuerkraft in Afghanistan ebenfalls zu erhöhen.

Das ist keine Partnerschaft, sondern die Forderung nach Gefolgschaft. In einer Allianz sollten andere Regeln gelten. Dass es so weit gekommen ist, daran tragen die Europäer freilich selber Schuld. Anstatt sich darüber klarzuwerden, was sie am Hindukusch wollen und wie der Krieg erfolgreich zu beenden wäre, haben sie die Debatte ganz den Amerikanern überlassen. Die Ausrede dafür ging so: Washington schicke das bei weitem größte Truppenkontingent und bestimme deshalb auch die zentralen strategischen Fragen.

Es ist gewiss richtig, dass der, der die größte Last trägt, auch ein gewichtiges Wort zu sagen hat. Aber das ist zu wenig, um zum Beispiel die Entsendung weiterer deutscher Truppen zu rechtfertigen. Soldaten in einen Krieg zu schicken, muss in einer Demokratie sehr gut begründet werden. Ein Verweis auf die amerikanische Strategie reicht da bei weitem nicht.

Auch in Berlin scheint sich diese Auffassung durchzusetzen. Die Entscheidung über ein weiteres militärisches und ziviles deutsches Eingreifen erst nach der Afghanistan-Konferenz Ende Januar zu treffen, garantiert wenigstens im Nachhinein so etwas wie eine europäische Debatte, die klärt, wie es weitergehen soll. Und dabei wird es nicht nur um die Legitimierung des künftigen Einsatzes gehen. Die Europäer werden Obama auch Antworten abverlangen müssen, die er bei der Vorstellung seiner neuen Strategie nicht gegeben hat.

Zum Beispiel, ob dies nun die letzte große militärische Anstrengung sein wird. Oder ob es sich nur um eine weitere Etappe handelt auf dem Weg zur Vietnamisierung des Konflikts, die sich in den vergangenen Jahren immer wieder abgezeichnet hat. Und was bedeutet Obamas Ankündigung, Mitte 2011 mit dem Rückzug der amerikanischen Truppen zu beginnen?

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen tut inzwischen so, als sei gar kein Zeitpunkt genannt worden. Wenn Bundesaußenminister Guido Westerwelle die Afghanistan-Konferenz zur großen Strategiedebatte machen will, gehört auch Obamas neuer Afghanistan-Plan auf den Prüfstand. Es wird Zeit, dass die Europäer mal den Mut aufbringen, Fragen zu stellen. Sonst folgen sie den USA ins Ungewisse. Oder, andere Alternative, sie ziehen einfach ab.

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