Afghanistan:Amerikanische Ungeduld

David McKiernan, der US-Befehlshaber in Afghanistan, muss gehen - obwohl er die richtige Strategie für den Krieg hatte.

Stefan Kornelius

Als US-Präsident Harry S. Truman die Soldatenikone Douglas McArthur mitten im Korea-Krieg vom Dienst suspendierte, hatte er allen Grund dazu. Der General war selbstherrlich bis zur Insubordination geworden, seine Entscheidungen konterkarierten die Politik des Präsidenten.

Afghanistan: US-Commandeur David McKiernan hat in Afghanistan nichts falsch gemacht - aber nach Meinung des Pentagons auch nicht genug. Jetzt wird er abgelöst.

US-Commandeur David McKiernan hat in Afghanistan nichts falsch gemacht - aber nach Meinung des Pentagons auch nicht genug. Jetzt wird er abgelöst.

(Foto: Foto: AFP)

Als Barack Obama am Montag der Entlassung des Afghanistan-Kommandeurs David McKiernan zustimmte, fehlte ein schlüssiger Grund. Und doch wurde der Befehlshaber von bald 80.000 Mann aus 42 Nationen auf dem derzeit wichtigsten Kriegsschauplatz der Welt seines Postens enthoben. Das ist ein Politikum, für das der Präsident mehr als ein paar dürre Worte finden sollte.

Die Schmallippigkeit in Washington verheißt wenig Gutes. McKiernan war der erste US-Kommandeur, der die Komplexität des afghanischen Konflikts erfasst und in eine militärische Strategie übersetzt hatte. Er zwang afghanische und pakistanische Truppen zur Zusammenarbeit.

Und vor allem setzte er bei Obama und dessen Vorgänger George W. Bush die dringend benötigte Truppenaufstockung durch. McKiernan machte nichts falsch, aber nach Lesart des Pentagons hätte er viel mehr machen müssen.

Der Kommandeur an einem Kriegsschauplatz wie Afghanistan ist eine wichtige, vielleicht die entscheidende Figur. Seine Entlassung erschüttert das politische, zivile und natürlich das militärische Gefüge, gerade in einer Mega-Koalition wie der Isaf-Truppe.

Die Entscheidung ist problematisch, weil sie gleich mehrere zweifelhafte Botschaften enthält. Erstens wird McKiernan durch einen Spezialisten für verdeckte Operationen und Spezialkräfte ersetzt. Die braucht es auch in Afghanistan, aber vor allem braucht es einen militärischen Kopf, der militärischen Erfolg mit zivilem Aufbau verbindet.

Zweitens ersetzen die USA nicht nur den Kommandeur, sie geben ihm auch einen amerikanischen Stellvertreter. Bisher hatte ein Brite diesen Posten inne. Dies heißt: Der Krieg in Afghanistan wird wieder amerikanisch. Das war nach der jüngsten Truppenerhöhung nicht anders zu erwarten, wird aber dazu führen, dass die Bindekräfte in der Koalition nachlassen und die anderen Nationen sich weniger in der Bringschuld sehen.

Schließlich stellt sich die Frage nach der politischen Klugheit der Entscheidung. McKiernan hatte gerade eine vernünftige Strategie durchgesetzt, die von der Truppe immer besser befolgt wurde. Obama hatte sich die Ideen des Generals zu eigen gemacht und sie als große neue Afghanistan-Strategie seiner Regierung verkauft.

Die Entlassung wirft nun die Frage auf, warum McKiernan keine Zeit zur Umsetzung seiner Ideen bekam. In Washington wächst die Furcht, dass der Kongress und die Nation den komplizierten Krieg nicht auf Dauer mittragen werden. Das Land will eine schnelle Lösung. Amerika fehlt mal wieder die Geduld. Aber Geduld und Ausdauer sind die wichtigsten Voraussetzungen für einen Erfolg in Afghanistan.

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