Affären:Schreibers Türöffner Wiesheu

Der Waffenhändler Karlheinz Schreiber nutzte seine Beziehungen, um Geschäftsfreunden Kontakte zu Wolfgang Schüssel zu verschaffen.

Michael Stiller

Es ist exakt das gleiche Verfahren, mit dem der im kanadischen Exil lebende Waffen- und Flugzeughändler den früheren CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble demontiert hat.

Mit einer 100.000-Mark-Spende, fein dosierten Sticheleien und Drohungen, denen Schäuble mit widersprüchlichen Aussagen entgegentrat, trieb der flüchtige Bayer den CDU-Spendenskandal im vorigen Jahr nochmals zum Siedepunkt und ruinierte die Karriere des damaligen CDU-Chefs.

Jetzt bringt Schreiber den französischen Waffenkonzern Thomson, den österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und den bayerischen Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) in die Bredouille.

Alle drei sollen nach Schreibers Willen in der Schweiz vor Gericht: Der Thomson-Konzern als Beklagter, der dem Waffenhändler angeblich 1,25 Millionen Schweizer Franken Provision vorenthält, die politischen Freunde Schüssel und Wiesheu als Zeugen.

Schreibers dunkle Andeutungen

Mit finsteren Andeutungen hat der schlaue Schreiber bisher die Thomson-Affäre am Köcheln gehalten. Es geht in dieser Sache um sehr viel Geld, und das hat das Engagement des ehemaligen Chemiefabrikanten schon immer beflügelt.

Bisher hat Schreiber, wie Wiesheu Mitglied der CSU und großzügiger Spender für dessen Kreisverband, den bayerischen Wirtschaftsminister und den österreichischen Kanzler mit Glacéhandschuhen angefasst. Jetzt aber, wo ihn die Firma Thomson nach seiner Auffassung um eine Millionen-Provision bringen will, erwartet er von beiden, dass sie ihn vor Gericht als Ehrenmann darstellen, der sein Geld wert ist.

Dem Wiener Magazin News, dessen Spürnase Kurt Kuch die heiße Causa seit langem verfolgt, sagte Schreiber jetzt: "Ja, es ist ein Verfahren gegen Thomson in Bern anhängig. Die wollen mir meine Provision von 1,25 Millionen Schweizer Franken vorenthalten... Das war ein 1,3-Milliarden-Schilling-Geschäft, bei dem ich selbst den Kontakt von Thomson zu Schüssel eingeleitet habe. Ich nehme an, es ist nicht im Interesse von Thomson, wenn der Fall in aller Öffentlichkeit ausgebreitet wird."

Im Vorfeld bienenfleißig

Schreiber hat, das ist schon länger bekannt, im August 1994 seine guten Verbindungen zu Wiesheu genutzt, um dem Thomson-Repräsentanten Josef Maria Merk eine Einladung beim damaligen österreichischen Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel zu verschaffen.

Daran war Thomson sehr gelegen, denn in Österreich lief gerade das Bieterverfahren für ein gigantisches Radar-Geschäft des Bundesheers über 1,3 Milliarden Schilling, das an den schwedischen Bieter Ericsson zu fallen drohte.

Dabei war Thomson als Mitbieter im Vorfeld bienenfleißig gewesen. Ein Firmenrepräsentant hatte einem SPÖ-Funktionär für den Zuschlag bereits 20 Millionen Schilling geboten. Der Dunkelmann wurde in Wien zunächst zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, in der nächsten Instanz aber freigesprochen.

Thomson begeistert über Schreibers Arbeit

Thomson-Lobbyist Merk jammerte derweil beim Türöffner Schreiber, Ericsson habe das Geschäft so gut wie im Sack, alle Mühen von Thomson seien vergebens, "weil die nicht an den Schüssel rankämen. Sie brauchten einen Termin" bei ihm, sagt Schreiber.

Er brachte Merk mit Wiesheu zusammen. Dann ging alles so schnell, dass die Thomson-Leute jubelten. In Firmenunterlagen heißt es: "Absolut begeistert, wie K. Schreiber Probleme anpackt." Merk erhielt von Schüssels Ministerbüro eine Einladung und schon am 16.August 1994 kam es zum Gespräch mit dem Minister. "Besprechung in Wien sehr positiv verlaufen" wurde intern notiert.

"Das Portemonnaie von Mitterand"

Über den im Jahr 2000 verstorbenen Josef Maria Merk, bis zu seinem Tod Verwaltungsratspräsident von Thomson-Suisse, sagt Schreiber in News plastisch: "Er hat zu mir gesagt, er sei das Portemonnaie von Mitterrand und von seinem obersten Chef im Konzern, Alain Gomez. Er sei auch für Sonderaufgaben zuständig." Zu den "Sonderaufgaben" zählten "die NA's" - nützliche Aufwendungen, die vornehme Bezeichnung für Schmiergeld, in Österreich auch "Schmattes".

Bald bekam Thomson in Österreich zum Entsetzen der Konkurrenz den Zuschlag. Damit, meint Schreiber, habe er sich sein Geld redlich verdient. Für sich selbst hat er das schon 1994 verschlüsselt aufgeschrieben. "Wiesheu 03.09. 94 B 2/2 1994 Wiesheu wg. Schüssel S 100 T 30 M 25 K 25".

In der Regel standen solche Kolonnen bei Schreiber für Geld. "Waldherr 1" bedeutete zum Beispiel "eine Million Mark für Walther Leisler Kiep", und diese Million ist bekanntlich wirklich geflossen.

Schüssel und Wiesheu bestreiten Beteiligung

Schüssel und Wiesheu bestreiten kategorisch jede Verwicklung in unseriöse Geschäfte, wollen sich aber weiter nicht äußern. "Ich habe noch keine Zeugenladung", ließ Wiesheu ausrichten; Schüssel ließ der SZ auf detaillierte Fragen eine längst bekannte Presseerklärung vom Januar 2000 zukommen. Thomson Fragen zu stellen, ist zwecklos. Eher redet der Eiffelturm.

Schreiber empfiehlt Schüssel, Wiesheu und anderen, sich an die Wahrheit zu halten. "Die Unwahrheit", sinniert er, "darf keiner sagen, dass gilt für alle Zeugen, die geladen werden. Die müssen aufpassen, dass ihnen nicht dasselbe passiert wie dem Herrn Schäuble, wenn Sie wissen, was ich meine."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: