Affäre um Gorch-Fock:Der offene Brief der Schiffsbesatzung

Die Stammbesatzung des Segelschulschiffs "Gorch Fock" wendet sich in einem offenen Brief an Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Das Schreiben in Auszügen.

Die Stammbesatzung des Segelschulschiffs "Gorch Fock" hat in einem offenen Brief an Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) fehlenden Rückhalt in der Bundeswehr beklagt. Zudem kritisiert die Crew die Suspendierung von Kapitän Norbert Schatz. Das Verteidigungsministerium hat nach dpa-Angaben die Existenz eines offenen Briefes bestätigt.

"Sehr geehrter Herr Minister, mit diesem Brief möchten wir uns als Stammbesatzung zu den Behauptungen, die in der Presse kursieren, äußern. Des Weiteren soll dieser Brief Ausdruck und Zeichen sein, wie sehr die Stammbesatzung hinter ihrem Kommandanten steht.

Unfall Salvador de Bahia

Der Unfall unserer Kameradin in Salvador war für alle ein harter Schlag und nicht leicht zu verarbeiten. (...) Daher ist es uns unverständlich, Äußerungen zu hören, welche uns Ausbilder als Menschenschinder bezeichnen. Dies ist ein Schlag ins Gesicht jedes Einzelnen hier an Bord und Rufmord! Dies alles (die Vorwürfe, Anm. der dpa-Red.) sind Äußerungen von Petenten (Offiziersanwärter, Anm. der dpa-Red.), die ein grundsätzliches Problem mit der Gorch Fock haben. (...)

Kommandoenthebung des Kapitän zur See Schatz

Auch ist uns allen mehr als unverständlich, einen Kommandanten, der allseits beliebt ist, gut zu seiner Besatzung war und viele Entbehrungen auf sich und seine Familie genommen hat, um das Schiff gut zu führen, so abzuservieren, wie es hier der Fall war. (...)

Auch fehlte uns der Rückhalt unserer übergeordneten Dienststellen, welche sich zu keiner Zeit vor uns stellten oder sich nach unserem Befinden erkundigt haben. Dies alles vor dem Hintergrund unbestätigter Anschuldigungen, welche eine Gruppe von Petenten (Offiziersanwärter) in Form einer Eingabe an die Öffentlichkeit gebracht haben. (...)

Vorwürfe wegen sexueller Belästigung

Lapidar geäußerte Sprüche von jungen Soldaten wie die in der Presse aufgeführten sind und bleiben schlechte Sprüche unterhalb der Gürtellinie und sind auch nur Sprüche!

Zu keiner Zeit wurde hier an Bord ein Soldat von einem anderen angefasst oder gar sexuell belästigt. (...) So etwas wurde und wird hier an Bord nicht toleriert! (...) Natürlich haben sich Politiker jeder Parteizugehörigkeit und übergeordnete Instanzen sehr gerne im Schein dieses Schiffes gefeiert. Genau diejenigen, die uns jetzt fallengelassen haben. (...)

Wir werden nun in der Presse als schlechte Menschen, ja gar als Unmenschen dargestellt. Dies macht uns und unseren Familien sehr zu schaffen. Wir, die Stammbesatzung der Gorch Fock, fühlen uns sehr alleine gelassen ­ hier am Ende der Welt.

Hochachtungsvoll,

Besatzung Segelschulschiff GORCH FOCK"

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