Affäre Karlheinz Schreiber:Holgart, Waldherr und die anderen

Karlheinz Schreiber steht vor Gericht - seine Schmiergelder lösten die CDU-Spendenaffäre aus und beschädigten die Karrieren zahlreicher Politiker und Funktionäre. Ein Überblick.

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld, AP

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Nach mehr als zehn Jahren des juristischen Tauziehens steht Karlheinz Schreiber in Augsburg vor Gericht. Die Anklage wirft ihm Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vor - der deutsch-kanadische Waffenlobbyist hatte bei zahlreichen Geschäften Provisionen kassiert und am Fiskus vorbei geschleust. 1999 war Schreiber nach Kanada geflohen, wo er dank juristischer Scharmützel bleiben durfte. Erst im Sommer 2009 wurde er an Deutschland ausgeliefert.

Schreiber gilt als Schlüsselfigur der CDU-Spendenaffäre - seine Schmiergeldzahlungen trieben die Partei in eine historische Krise und beschädigten die Karrieren zahlreicher Spitzenpolitiker und Funktionäre. Ein Überblick.

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld, Reuters

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Der Kaufmann aus Kaufering bei Landsberg als Strippenzieher der internationalen Politik: Karlheinz Schreiber machte als Lobbyist für Großunternehmen Karriere. Er fädelte den Verkauf von Airbus-Flugzeugen, Panzern, Hubschraubern und Waffen ein.

Seit Mitte der achtziger Jahre bis 1995 soll Schreiber mit Hilfe ausländischer Tarnfirmen Geld über Schweizer Nummernkonten an Industrielle und Politiker verteilt haben. Nach Angaben der Augsburger Staatsanwaltschaft hatte er alleine von der Thyssen AG für mehrere Rüstungsprojekte etwa 15 Millionen Euro kassiert.

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Holger Pfahls, AP

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Holger Pfahls hat gestanden, 3,8 Millionen Mark Schmiergeld von Schreiber angenommen zu haben. Als Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium (1987 bis 1992) soll Pfahls die Lieferung von 36 Fuchs-Spürpanzern des Thyssenkonzerns gefördert haben - so der Vorwurf der Augsburger Staatsanwaltschaft. In Schreibers Unterlagen wird der ehemalige Richter und Büroleiter des bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß unter dem Tarnnamen "Holgart" geführt.

Als die Anschuldigungen im Sommer 1999 publik werden, taucht Pfahls - mittlerweile als Manager des DaimlerChrysler-Konzerns tätig - unter und wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Nach fünfjähriger Flucht wird er in Paris festgenommen und 2004 ausgeliefert.

Vor Gericht sagt er aus, ihm sei nur ein Teil der versprochenen Summe ausgehändigt worden. Altkanzler Helmut Kohl ...

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Holger Pfahls, AP

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... entlastet Pfahls von dem Vorwurf der Korruption, indem er die alleinige Verantwortung für den Panzerverkauf übernimmt. Pfahls wird wegen Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Er schuldet dem deutschen Fiskus knapp zwei Millionen Mark an Steuernachzahlungen.

Im September 2005 wird Pfahls aus der Haft entlassen. Die restliche Haftzeit wird zur Bewährung ausgesetzt.

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Dieter Holzer, AP

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Der Lobbyist Dieter Holzer wird 2008 vom Landgericht Augsburg zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt, weil er Pfahls Fluchthilfe geleistet und Falschaussagen gemacht haben soll.

Wegen Schmiergeldzahlungen im Zuge der Privatisierung der Leuna-Werke nach der Wiedervereinigung durch den französischen Konzern Elf Aquitaine war Holzer bereits 2007 zu 15 Monaten Haft verurteilt worden. Er trat die Strafe 2009 an.

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Walther Leisler Kiep, AP

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Walther Leisler Kiep (im Bild links neben Strauß), Tarnname "Waldherr", ist als ehemaliger Bundesschatzmeister (1971 bis 1992) eine Schlüsselfigur der CDU-Parteispendenaffäre. Im Zusammenhang mit dem Panzerverkauf an Saudi-Arabien soll Kiep im August 1991 auf einem Parkplatz bei St. Margarethen (Schweiz) eine Million Mark von Schreiber erhalten und diese nicht versteuert haben. Gegen ihn wird 1999 Haftbefehl erlassen, gegen Zahlung einer Kaution aber außer Vollzug gesetzt.

Im Zuge der Ermittlungen wird das System schwarzer Kassen der CDU offensichtlich. Kiep weist die Verantwortung von sich und benennt den einstigen Finanzberater Horst Weyrauch als Schuldigen.

2004 wird Kiep ...

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Walther Leisler Kiep, AP

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... eine zweite Spende Schreibers zum Verhängnis: Dem Schatzmeister wird nachgewiesen, 100.000 Mark des Waffenhändlers im Dezember 1995 "gewaschen" und auf ein CDU-Treuhandkonto überwiesen zu haben. Kiep hatte vor dem Parteispenden-Untersuchungsausschuss des Bundestages bestritten, von dieser Spende gewusst zu haben. Er wird zu einer Geldstrafe in Höhe von 40.500 Euro verurteilt - die Berliner Staatsanwaltschaft stützt sich bei ihren Ermittlungen maßgeblich auf Aussagen Weyrauchs.

Die 100.000-Mark-Spende von 1994 belastet ...

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Wolfgang Schäuble, AP

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... auch den damaligen CDU-Chef Wolfgang Schäuble. Zwischen Schäuble und der CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister, Kieps Nachfolgerin, entbrennt ein Streit darüber, wer die Summe von Schreiber entgegengenommen hat. Beide Politiker machen widersprüchliche Angaben. Auch der Verbleib des Geldes ...

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Wolfgang Schäuble, ddp

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... ist unklar - bis heute. Im Februar 2000 legt Schäuble das Amt des CDU-Vorsitzenden nieder. Zwei Monate später spricht er öffentlich von einer kriminellen Intrige und einem "Kampf zur Vernichtung meiner Person". Das Verhalten der Schatzmeisterin Baumeister nennt Schäuble "verachtenswert."

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Helmut Kohl, dpa

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Bereits Ende November 1999 räumte Helmut Kohl ein, von heimlichen Konten und Geldbewegungen gewusst zu haben. Er selbst habe 1,5 bis zwei Millionen Mark an Spenden entgegengenommen, ohne sie offiziell zu deklarieren.

Von wem das Geld stammt, will er nicht sagen - schließlich habe er den Spendern sein Ehrenwort gegeben. Er verzichtet auf den Ehrenvorsitz der Union und wehrt sich gegen den Vorwurf, er sei korrupt gewesen.

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Helmut Kohl, dpa

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Im Juni 2001 wird ein Ermittlungsverfahren gegen Kohl gegen Zahlung einer Geldbuße von 300.000 Mark eingestellt. Der Bundestag beschließt 2002 ein schärferes Parteiengesetz.

Als Ausgleich für den materiellen Schaden, den die CDU erlitten hat, überweist Kohl acht Millionen Mark in die Parteikasse - das Geld hatte er in einer privaten Spendenaktion gesammelt.

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Max Strauß, AP

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Schreiber unterhält starke geschäftliche und freundschaftliche Verbindungen zur Familie des 1988 verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten Strauß. Der Waffenhändler ist Direktor der kanadischen Firma FMS (Franz und Marianne Strauß). Bei Immobiliengeschäften in Kanada setzt er fünf Millionen Mark der Familie Strauß und anderer Prominenter in den Sand. Um den Verlust auszugleichen, will Schreiber eine Thyssen-Panzerfabrik in Kanada ansiedeln. Mit dem Deal sollte auch die Lieferung von 250 Panzern an die kanadische Regierung verbunden sein. Der Plan scheiterte.

Mehr Erfolg soll Schreiber mit einem anderen Geschäft gehabt haben. Kanadische Airlines sollten zum Kauf von Airbus-Flugzeugen angehalten werden.

Dem Strauß-Sohn Max (Foto) ist Schreiber als väterlicher Freund verbunden. Die Staatsanwaltschaft Augsburg hält Max Strauß vor, von Schreibers Geschäften mit dem Flugzeugbauer Airbus profitiert und die Provisionen nicht versteuert zu haben - eine Summe von 2,6 Millionen Euro steht im Raum.

In einem ersten Prozess ...

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Max Strauß, ddp

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... vor dem Augsburger Landgericht wird Strauß 2004 zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Dieses Urteil hebt der Bundesgerichtshof in Karlsruhe jedoch 2005 wieder auf und verweist den Fall zurück an das Augsburger Gericht - wo Strauß 2007, nach zwölfjähriger Ermittlung der Justizbehörden, letztlich recht bekommt: Er wird vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochen.

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Karlheinz Schreiber CDU-Spendenaffäre Schmiergeld Winfried Haastert Jürgen Maßmann, ddp

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Winfried Haastert (links) und Jürgen Maßmann sind als Mitglieder des Vorstandes der Thyssen AG mit der Abwicklung des Exports der Spürpanzer Fuchs nach Saudi-Arabien betraut. Ihnen wird vorgeworfen, Schreiber-Schmiergeld angenommen und nicht versteuert zu haben.

Nach einem langjährigen Verfahren vor dem Landgericht Augsburg reduziert der Bundesgerichtshof 2007 die Strafen der Manager auf zwei Jahre Bewährung (Maßmann) und ein Jahr und acht Monate Bewährung (Haastert).

Haastert sagte Ende Februar 2010 aus, er habe von seinem "guten Freund" Schreiber fast zwei Millionen Mark erhalten - allerdings habe der Waffenlobbyist keine Gegenleistung gefordert.

Foto: ddp Text: Michael König, Birgit Kruse (sueddeutsche.de/dpa/AP/Reuters/cmat)

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