AfD:Raus aus der Wagenburg

In der AfD steigt der Druck auf gemäßigte Mitglieder: Jetzt verlässt die Bundesvorsitzende der "Christen in der AfD" die Partei.

Von Jens Schneider, Berlin

Anette Schultner Christen in der AfD Kirchentag DEU Deutschland Germany Berlin 25 05 2017 Anet

Anette Schultner führte bis zu ihrem Parteiaustritt die „Christen in der AfD“. Trotz Protesten vieler Christen vertrat sie die AfD auf einer Podiumsdebatte des Evangelischen Kirchentags.

(Foto: imago)

Die Bundesvorsitzende der "Christen in der AfD", Anette Schultner, hat ihren Austritt aus der Partei erklärt. Sie begründete den Schritt damit, dass die AfD sich zunehmend radikalisiere. "Der Punkt, an dem man auf eine Umkehr dieser Fehlentwicklung berechtigt hoffen konnte, ist längst überschritten", schreibt sie in ihrer Austrittserklärung. Sie habe am Aufbau einer konservativen Volkspartei mitwirken wollen, die AfD sei das nicht. Über den Austritt berichteten als Erste der Tagesspiegel und die Welt. Die konservative Christin hatte seit 2013 die Organisation "Christen in der AfD" mit aufgebaut.

Als Sprecherin der "Christen in der AfD" hatte das einstige CDU-Mitglied im Mai Aufmerksamkeit erfahren, als sie auf dem Evangelischen Kirchentag in Berlin mit Bischof Markus Dröge über das Engagement von Christen in der AfD diskutierte. In der AfD spielt die Organisation eine eher untergeordnete Rolle, ihr gehören aber führende AfD-Vertreter wie die stellvertretende Parteivorsitzende Beatrix von Storch an.

Laut Schultner geraten bürgerliche Kräfte in der AfD immer mehr unter Druck. Der vom Rechtsaußen Björn Höcke angeführte "Flügel" der Rechtsnationalen vertrete zwar eine Minderheit, aber sein Einfluss werde größer. Wer sich wie sie klar gegen diesen "Flügel" stelle, "hat in der Partei eigentlich keine Chance mehr", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Ihren Landesverband Niedersachsen nennt sie "einen gefallenen Verband" und erklärt das mit der Rolle des Vorsitzenden Armin-Paul Hampel. Es gebe noch gemäßigte Kräfte, die seien aber in der Defensive.

Schultner beklagte, dass es in der AfD eine starke Tendenz gebe, "auch extremistische Positionen von Mitgliedern zu verteidigen, die nicht zu verteidigen sind". Sie erklärte dies auch mit starkem Druck von außen: "Der schweißt die Leute zusammen, es fehlt ein inneres Korrektiv gegen Fehlentwicklungen." Man bilde eine Wagenburg und rücke so weiter nach rechts. Sie habe ihren Austritt vor zwei Monaten beschlossen, als eine frühere Spende eines Vorstandsmitglieds der "Christen in der AfD" an die NPD verharmlost worden sei.

Schultner will sich der früheren Parteivorsitzenden Frauke Petry und deren Initiative "Blaue Wende" anschließen. Dabei denke sie auch über den Eintritt in deren neue "Blaue Partei" nach. Sie ist derzeit noch Angestellte der AfD-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, sie habe aber zu Ende Oktober gekündigt. Auf den Posten in der Fraktion hatte sie Petrys Ehemann Marcus Pretzell geholt, der bis zu seinem AfD-Austritt dort die Landespartei und auch die Fraktion führte.

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