AfD:Geeint vom Willen, die Partei unbedingt zu professionalisieren

AfD: Der frühere Fernsehjournalist Armin-Paul Hampel (li.) mit AfD-Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland (re.).

Der frühere Fernsehjournalist Armin-Paul Hampel (li.) mit AfD-Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland (re.).

(Foto: John MacDougall/AFP)

Der AfD-Bundesvorstand fühlt sich vom Landesverband Niedersachsen an der Nase herumgeführt und entmachtet deren Vorsitzenden. Die politischen Differenzen werden aber hinten angestellt.

Von Jens Schneider, Berlin

Es gibt einen Satz, mit dem AfD-Politiker selbst viele Konflikte innerhalb ihrer Partei punktgenau beschreiben: Mit Politik hat das Ganze nichts zu tun, dafür aber viel mit menschlichen Problemen. An diesem Wochenende fiel dieser Satz besonders häufig, mit Blick auf die Querelen im Landesverband in Niedersachsen. Dort war der Streit um den Landesvorsitzenden Armin-Paul Hampel in den vergangenen Monaten so eskaliert, dass der Bundesvorstand der AfD ihn am Freitagabend entmachtete. Mit ihm wurde der ganze, tief zerstrittene Landesvorstand abgesetzt.

Es sei eine verfahrene Lage, begründete Parteichef Jörg Meuthen den Schritt als unvermeidlich. Es ist ein gravierender Eingriff von oben, dessen Hintergründe anzeigen, dass die AfD-Spitze die Partei unbedingt professionalisieren will, auch wenn es enge Gefährten trifft. Der frühere Fernsehjournalist Hampel gehörte noch bis vor Kurzem selbst dem Bundesvorstand der AfD an, er kennt die wichtigsten Mitglieder der Parteiführung gut.

Mit Alexander Gauland, dem Vorsitzenden der Partei und der Bundestagsfraktion, verbindet den 60-Jährigen eine langjährige Freundschaft. Auch sein Verhältnis zum anderen Parteivorsitzenden Meuthen galt als frei von Störungen, wie es sie etwa mit Frauke Petry gab, der einstigen Chefin der AfD. Politisch hatte man, entschieden rechtsnational, keine Differenzen. Aber nun half das Hampel nicht mehr.

Seit Monaten schon warfen ihm Parteifreunde vor, er wolle die AfD in seinem Landesverband nach Gutsherrenart führen. Die Parteispitze in Berlin erlebte die AfD in Niedersachsen als Belastung. Bei der Landtagswahl im Herbst holte die auch für die Wähler erkennbar zerstrittene Niedersachsen-AfD ein schwaches Ergebnis. Zuvor hatte Hampel die Spitzenkandidatin Dana Guth selbst abqualifiziert, sie sei nicht die ideale Kandidatin. Noch am Wahlabend forderten Hampel-Kritiker in einer Mail einen Neuanfang, ohne ihn. Darunter waren einige seiner früheren Weggefährten und Bewunderer. Sie hatten sich von ihm abgewandt.

Aber die Niedersachsen fanden keine Lösung. Also setzte der Bundesvorstand einen Vermittler ein, der die zerstrittenen Lager zumindest für einen Tag zusammenbringen sollte. Auf diesem Parteitag sollte in Niedersachsen eine neue Spitze gewählt werden. Er sollte vor einer Woche stattfinden, Hampels Gegner rüsteten sich, ihn zu stürzen. Er aber sagte den Parteitag kurzerhand ab, sehr kurzfristig.

Der Bundesvorstand fühlt sich an der Nase herumgeführt, heißt es. Das Maß sei voll gewesen. Vorstandsmitglieder beklagen, die Lage in Niedersachsen sei ein Desaster für die Partei. Hampel hat auch das Vertrauen seiner Gefährten in der Spitze verspielt. Mit einer Zweidrittelmehrheit wird seine Absetzung beschlossen. Gauland steht dem Vernehmen nach dahinter, Meuthen begründet sie nach außen.

Als Einziger. Da ist niemand von Bedeutung in der Partei, der widerspricht oder auch nur relativiert. Das unterscheidet sich von der Kakophonie bei früheren Konfliktsituationen unter der Führung von Petry und Meuthen. Da wurden Entscheidungen oft gleich nach der Sitzung durch Vorstandsmitglieder öffentlich konterkariert, auch wenn sie mit einer Zweidrittelmehrheit getroffen wurden - wie etwa der einst mit großer Mehrheit beschlossene Rauswurf des Rechtsauslegers Björn Höcke, zu dem es nun wohl nie kommen soll. So konnte Petry keine klaren Linien durchsetzen.

Derzeit scheint den neuen Vorstand der Wille zu einen, die AfD möglichst schnell in eine für ihre Führung schlagkräftige Partei umzubauen. Es gibt im Vorstand weiter politische Differenzen, etwa über die Frage, ob, wann und zu welchen Kompromissen die AfD sich der CDU als Regierungspartner anbieten will. Aber das wird hinten angestellt, die Professionalisierung der Partei als gemeinsames Ziel gesehen.

In Niedersachsen soll das erst noch gelingen. Parteichef Meuthen geht nun davon aus, dass der Bundesvorstand "zeitnah" zu einem Landesparteitag einladen werde. "Wichtig ist jetzt, dass in dieser verfahrenen Situation ein Neuanfang ermöglicht wird", sagte er. "Bei einer Neuwahl kann sich jeder stellen, auch Herr Hampel." Tatsächlich hatte Hampel, der im September als niedersächsischer AfD-Spitzenkandidat in den Bundestag gewählt wurde, stets auch noch Unterstützer in der Partei gefunden. Er gibt nun nicht auf. Er reagierte empört auf seine Absetzung, will sich dagegen wehren. Man habe den Vorstand nicht angehört. Seinen Gegnern wirft er parteischädigendes Verhalten vor.

Der bisherige Vize-AfD-Landeschef Oliver Westphal sprach von einer überfälligen Entscheidung. "Wenn wir weiter die rote Laterne in Deutschland haben wollen als AfD-Landesverband, müssen die Mitglieder Herrn Hampel wiederwählen", sagte er. Auf Versöhnungskurs ist da niemand.

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