AfD:Ein Feindbild, das eint

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Angela Merkel steht für vieles, was AfD-Anhänger ablehnen. (Foto: dpa)

Bei der AfD freut sich vor allem einer über die Kandidatur Merkels: Parteivize Alexander Gauland führt einen Rachefeldzug gegen die Kanzlerin.

Von Jens Schneider

Die Schärfe hat einen persönlichen Hintergrund. So ist es zumindest bei Alexander Gauland, den manche in der Alternative für Deutschland inzwischen für den mächtigsten Mann halten. Der 75-jährige Parteivize galt einmal als Stimme der Konservativen in der CDU. Mehr als vier Jahrzehnte lang gehörte er der Partei an, er war einst für den CDU-Ministerpräsidenten Walter Wallmann in Hessen Staatssekretär. Zuletzt gründete er den sogenannten Berliner Kreis mit, um sich gegen die von Angela Merkel forcierte Modernisierung der CDU zu stemmen. Aber die Kanzlerin habe ihn und die anderen nicht wirklich ernst genommen, klagte er später. Da hatte seine Mission in der AfD schon begonnen, die wie ein Rachefeldzug gegen jene Frau wirkt, die ihm nach seinem Empfinden seine politische Heimat genommen hat - und für alles steht, was ihm die CDU hat fremd werden lassen. Wenn er mit kalter Wut über die CDU-Chefin spricht, dann wirkt das wie ein politisches Lebenselixier für den Rechtspopulisten.

So fallen Gaulands Worte an diesem Montag durch besondere Schärfe auf unter den deftigen Kommentaren aus der AfD zur neuen Kandidatur der Kanzlerin. Als "Flüchtlingskanzlerin" habe Merkel Deutschland "genug geschadet", erklärt er und wirft ihr Versagen auf breiter Linie vor. Gauland nennt Merkels Kanzlerkandidatur eine Bankrotterklärung der CDU, deren Spitze "nur noch aus abhängigen Kreaturen der großen Vorsitzenden" bestehe. Es ist, als könne dem Mann keine Formulierung scharf genug sein, um die Kanzlerin und ihre Partei zu attackieren.

Eine Instinktlosigkeit sei diese Kandidatur, erklärt er. Das allerdings ändert nichts daran, dass die AfD sich die Kanzlerin als Gegnerin gewünscht hat. Die Parteivorsitzende Frauke Petry sagt das auch genau so. Als politische Konkurrentin gehe sie davon aus, dass Merkels Kandidatur der AfD nutzen werde, so lässt Petry sich am Montag zitieren.

In der AfD selbst ist die Frage der Spitzenkandidatin noch nicht entschieden. Erst am Wochenende haben Petrys interne Widersacher gegen ihre Stimme im Parteivorstand beschlossen, dass es ein Spitzenteam geben soll. Damit würde die Macht der Vorsitzenden begrenzt, im nächsten Frühjahr wird ein Parteitag darüber entscheiden. Aber so disparat und zerstritten die AfD auch sein mag, die Kanzlerin ist für die vermeintlich gemäßigten wie die radikalen Kräfte das gemeinsame Feindbild, das Anhänger mobilisiert. Es ist oft erschreckend, wie derb und abfällig, manchmal hasserfüllt in AfD-Kreisen und von Anhängern über die Kanzlerin geredet und im Internet geschrieben wird. Sie verbindet der Slogan "Merkel muss weg!" Wohl kein anderer Slogan wird bei Demonstrationen der AfD so häufig skandiert, als stünde die CDU-Chefin für alles, was ihre Anhänger ablehnen.

Es geht dabei nicht allein um die Flüchtlingspolitik, sondern auch um Familien- oder Energiepolitik. Die AfD bewegt sich politisch zuweilen in einer eigenen Welt, in der es den Klimawandel gar nicht gibt, weshalb auch eine Wende in der Energiepolitik überflüssig ist. Auch dafür steht die Kanzlerin aus Sicht dieser Partei, in Petrys Worten: "Damit stellt sich die Politikerin zur Wiederwahl, die das milliardenteure und gefährliche Einwanderungschaos verursacht hat und unter deren Führung die Energiewende an die Wand gefahren wurde."

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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