Ärzte:Die Abrechnung, bitte

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Ein Arzt untersucht in seiner Praxis mit einem Vergrößerungsglas die Haut einer Patientin. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Beim Sonderärztetag an diesem Samstag geht es um viel Geld. Der Streit ist groß: Wie sollen Mediziner künftig die Behandlung von Privatpatienten bewerten?

Von Guido Bohsem, Berlin

Wollte man sich ein Bild der organisierten Ärzteschaft machen, müsste man sich in der Mischung einen Mann jenseits der 50 vorstellen - arbeitsam und intelligent, Stimmungslage reizbar, für Verschwörungstheorien anfällig, und in der festen Überzeugung, zu kurz zu kommen.

"Jaja, die üblichen Vorurteile", seufzt Frank Ulrich Montgomery. Doch auch der Präsident der Bundesärztekammer muss einräumen, dass es dieser Tage reichlich Anlass gibt, die Klischees zu bedienen. Seit Monaten schon herrscht Streit; und der wütet so heftig, dass es an diesem Samstag einen Sonderärztetag geben soll

Es geht ums Geld. Genauer gesagt darum, wie die Ärzte künftig die Behandlung von Privatpatienten abrechnen, und in welcher Höhe sie das können. Die Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) soll überarbeitet werden. Höchste Zeit. Seit 1996 geschah das nur an wenigen Stellen. Viele medizinische Neuerungen stehen gar nicht in der GOÄ. Will ein Arzt sie abrechnen, geht das nur über Umwege. Um gut 30 Prozent müssten die Honorare steigen, allein um die Inflation auszugleichen, argumentieren die Ärzte seit Langem.

Eigentlich ist es Sache der Bundesregierung, die GOÄ auszuarbeiten und zu beschließen. Doch haben sich die Gesundheitsminister daran immer wieder die Finger verbrannt. Daniel Bahr (FDP) und nach ihm Hermann Gröhe (CDU) haben deshalb darauf bestanden, dass Ärztekammer und Verband der Privaten Krankenversicherer gefälligst einen gemeinsamen Vorschlag erarbeiten sollten. Dieser werde dann vom Ministerium geprüft und, falls für gut befunden, genehmigt. Dieser Zeitpunkt ist nach langem Hin und Her fast erreicht.

Noch im Frühjahr soll die neue GOÄ vorliegen. Doch kurz vor Toresschluss überfällt Teile der Funktionäre große Sorgen. Der Spitzenverband der Fachärzte befürchtet, dass die neue GOÄ die Freiberuflichkeit des Arztes gefährdet und dieser nicht mehr zum Wohl des Patienten entscheiden könne. Zudem nähere sich die Gebührenordnung bedenklich dem Abrechnungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung an. Und überhaupt, weil die Verhandlungen geheim seien, wüsste man ja gar nicht, was nun tatsächlich vereinbart werde. Mehr Transparenz sei zwingend nötig.

Montgomery hält dagegen: "Solche Verhandlungen können sie nicht mit allen Verbänden oder mit zwanzig oder dreißig Leuten führen. Da muss es zwei oder drei geben, die das vertraulich regeln." Ein Dilemma, weshalb es gut sei, dass auf dem Sonderärztetag in Berlin Klarheit geschaffen werden könne.

Die große Koalition beobachtet die Debatte in der Ärzteschaft aufmerksam. Während Minister Gröhe erneut zusagte, die neue Gebührenordnung durchsetzen zu wollen, kommt von der SPD Widerstand. Die Fraktion hat sich bereits gegen eine neue GOÄ entschieden. "Wir werden versuchen, auch die Länder auf unsere Seite zu ziehen", sagt Fraktionsvize Karl Lauterbach. "Die neue GOÄ würde dazu führen, dass ein Facharztbesuch für den Privatversicherten teurer und für den Arzt lukrativer wird." Weil viele Beamte privat versichert seien, müsse dies letztlich vom Steuerzahler finanziert werden. Es sei eine schlechte Reform, weshalb die SPD sie auch stoppen wolle.

© SZ vom 22.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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