Ärger um geplante Quadriga-Auszeichnung:Kuratorium kassiert Preis für Putin ein

Die gleiche Ehrung wie Putin? Die wollten weder Tschechiens Ex-Präsident Havel noch der dänische Installationskünstler Eliasson haben. Nach harscher Kritik und mehreren Rücktritten zieht das Vergabekuratorium nun die Konsequenzen aus den Querelen um die umstrittene Ehrung für Russlands Premier - und zeichnet niemanden aus. Putin überlässt die Reaktion seinem Sprecher.

Nach Kritik an der Auszeichnung des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin hat das Kuratorium des Quadriga-Preises die Preisverleihungen in diesem Jahr komplett ausgesetzt. Damit werden auch die anderen Nominierten dieses Jahres nicht ausgezeichnet, wie das Preiskuratorium am Samstag nach einer Sitzung in Berlin bekanntgab.

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Will nicht in einer Reihe mit dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin stehen: der frühere tschechische Präsident Václav Havel.

(Foto: AFP)

Das Gremium reagiert damit auf den enormen Unmut über die geplante Verleihung des Preises an Putin, der immer höhere Wellen geschlagen hatte und durch einen Bericht der Süddeutschen Zeitung ausgelöst wurde. Zuletzt hatte der frühere tschechische Präsident Václav Havel mit der Rückgabe seiner Auszeichnung gedroht, wie die Bild am Sonntag berichtete.

Havel habe dem Kuratorium bis Montag Zeit eingeräumt, die Preisvergabe an Putin zu überdenken. Das Ultimatum sei nach Angaben von Mitgliedern des Kuratoriums durch den tschechischen Botschafter in Berlin, Rudolf Jindrak, übermittelt worden. Davor hatte bereits der dänische Installationskünstler Olafur Eliasson seine Auszeichnung zurückgegeben.

Das 20-köpfige Kuratorium wollte Putin "für seine Verdienste für die Verlässlichkeit und Stabilität der deutsch-russischen Beziehungen" ehren. Die Entscheidung, den Preis in diesem Jahr unter anderem an den russischen Regierungschef zu verleihen, hatte in den vergangenen Tagen heftige Kritik ausgelöst. Nach Grünen-Chef Cem Özdemir und dem Heidelberger Historiker Edgar Wolfrum zog sich auch die Gründerin der Berliner Bela-Stiftung, Barbara-Maria Monheim, aus Protest zurück.

Wolfrum hatte es in der Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung als "nicht hinnehmbar" bezeichnet, dass "einzelne Mitglieder des Kuratoriums für Entscheidungen in Haftung genommen werden, an denen sie nicht beteiligt waren, über die sie nicht informiert worden sind und über die sie in der Presse erfuhren". Ähnlich äußerte sich Monheim, wie der Tagesspiegel aus Berlin berichtete. Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hatte die geplante Ehrung für Russlands Ministerpräsidenten kritisiert.

Wer aus dem Gremium für Putin gestimmt und wer ihn vorgeschlagen hatte, ist nicht bekannt. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und die Unternehmerin Margarita Mathioupoulos gaben an, die Sitzung verpasst zu haben. Klar ist, dass auf der entscheidenden Sitzung allein Cem Özdemir gegen ihn stimmte.

Die Absage der Quadriga-Preisverleihung bedeutet aus Sicht des Moskauer Deutschland-Experten Wladislaw Below einen Gesichtsverlust für den russischen Regierungschef. "Für Putin ist das ein Affront, sein Image wird dadurch beschädigt", sagte der Experte des Europainstituts der Akademie der Wissenschaften in Moskau. Der Politologe warf dem deutschen Kuratorium erhebliche Fehler vor. Das deutsch-russische Verhältnis wird nach Einschätzung des Politologen jedoch keinen Schaden nehmen. "Die Beziehungen sind fest und gut", so Below.

Putin-Sprecher Dmitri Peskow sagte, die Nichtvergabe hänge mit dem "Chaos innerhalb der Jury" zusammen. Sie werde keinen Einfluss auf die deutsch-russischen Beziehungen haben. "Das hat damit gar nichts zu tun", sagte Peskow am Samstagabend der Agentur Interfax. Putin habe bereits viele Preise erhalten. "Diese Auszeichnungen belegen den Respekt und die gebührende Hochachtung in der Welt für den russischen Ministerpräsidenten." Moskau hatte die Diskussion um die Preisverleihung an Putin seit Tagen beobachtet, aber sehr zurückhaltend kommentiert.

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