Ärger um die Kleiderordnung im Bundestag:Nur ohne meine Krawatte

Weil Bundestagspräsident Norbert Lammert auf die Kleiderordnung pocht, gibt ein parlamentarischer Schriftführer der Grünen sein Amt auf. Er will keine Krawatte tragen müssen - und sieht sich an der Spitze einer Bewegung.

Uwe Kekeritz hat ein Gespräch mit Norbert Lammert geführt, aber es half nichts. Kekeritz, ein Bundestagsabgeordneter der Grünen aus Bayern, will als Schriftführer des Parlaments ohne Krawatte im Reichstag erscheinen. Der Bundestagspräsident Lammert von der CDU lehnt das weiterhin ab - er sorgt sich um die Würde des hohen Hauses.

Vertrauensfrage Schröder

Streit um ein Stück Stoff: Weil er nicht ohne Krawatte arbeiten darf, hat ein Bundestagsabgeordneter der Grünen sein Amt als Schriftführer niedergelegt.

(Foto: dpa/dpaweb)

Nun hat Kekeritz die Konsequenzen gezogen - und sein Amt als parlamentarischer Schriftführer niedergelegt. "Ich ziehe eine Krawatte dann an, wenn ich es möchte, nicht wenn ich es muss", sagte der 57-Jährige der Hamburger Morgenpost.

Was der grüne Abgeordnete hinzufügte, muss in Lammerts Ohren wie eine Drohung klingen: Er werde nicht der einzige bleiben, der "sich dem Zwang nicht unterwirft", sagte Kekeritz. Dem Bundestag könne dann bei den derzeit 40 Schriftführern ein "katholisches Desaster" drohen. Bedeutet: "fehlender Nachwuchs".

"Völlig absurd"

Seit die Diskussion um den Krawattenzwang im Januar erstmals aufflammte, hat der Bundestag Ärger am Hals. Damals hatten Andrej Hunko von der Linken und Sven-Christian Kindler von den Grünen als Schriftführer neben Lammert Platz nehmen sollen, um turnusgemäß Anträge und Wortmeldungen entgegenzunehmen, Schriftstücke zu verlesen und die Rednerliste zu führen. Aber sie durften ihre Aufgabe nicht erfüllen - weil sie keine Krawatte trugen.

"Völlig absurd", fand das Linken-Politiker Hunko. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck drückte in einem Brief an Lammert sein "Unverständnis" über den Vorgang aus. Aus Solidarität erschien ein anderer Schriftführer der Linken, Alexander Süßmair, kurz darauf ebenfalls ohne Krawatte - und wurde prompt abgelöst.

"Krawatte aus Respekt vor den Bürgern"

Die widerspenstigen Parlamentarier argumentierten, von einer Krawatte sei in der Geschäftsordnung des Bundestags keine Rede. Der grüne Schlipsverweigerer Kindler warf die Frage auf, ob denn die Blümchenkrawatten manch eines Abgeordneten die Würde des Hauses heben würden.

Den Obmann der Schriftführer ficht das nicht an: Jens Koeppen von der CDU pocht darauf, dass in dieser Position zwingend "eine Krawatte oder dem Entsprechendes" umzulegen sei. Darauf hätten sich das Bundestagspräsidium und der Ältestenrat des Parlaments verständigt.

Auf eine diesbezügliche Frage beim Internetportal abgeordnetenwatch.de antwortete Koeppen, es gehe "nicht um die Selbstdarstellung eines Mitglieds des deutschen Bundestages". Ihm sei ein anderer Aspekt wichtig: "Eine angemessene Kleidung ist auch Ausdruck des Respekts vor den Bürgern."

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