Ägyptens Ex-Präsident:Prozess gegen Mursi auf Januar vertagt

Supporters of ousted Egyptian President Mursi take part in a protest in Cairo

Demonstranten mit einem Bild Mursis: Bereits in den Tagen vor Prozessbeginn kam es zu Protesten.

(Foto: REUTERS)

Dem gestürzten ägyptischen Präsidenten Mursi wird vorgeworfen, für den Tod von Demonstranten verantwortlich zu sein. Jetzt ist der Prozess gegen Mursi bereits kurz nach dem Auftakt auf Januar verschoben worden - zuvor hat der Angeklagte im Gerichtssaal laut protestiert.

Der Prozess gegen den abgesetzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi ist bereits kurz nach Beginn ins kommende Jahr vertagt worden. Das Verfahren werde am 8. Januar fortgesetzt, sagte der Richter in Kairo. Er hatte die Verhandlung nach Zwischenrufen des Angeklagten unterbrochen.

Mursi hatte Berichten von Augenzeugen zufolge während der Verhandlung ausgerufen: "Nieder mit der Militärherrschaft!" Ein staatlicher Fernsehkanal berichtete zudem, die Anhörung werde erst wieder aufgenommen, wenn Mursi bereit sei, seine Gefängniskleidung zu tragen.

Zum Auftakt des Prozesses in Kairo liefern sich Anhänger und Gegner Mursis gewalttätige Auseinandersetzungen. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen griffen Passanten Mursi-Anhänger an, die vor dem Verfassungsgericht in Kairo gegen den Prozess protestierten.

Der 62-jährige Mursi wurde per Helikopter zu einem Behelfs-Gerichtssaal in einer Polizeiakademie gebracht. Die 14 weiteren Angeklagten, ebenfalls Funktionäre der inzwischen verbotenen Muslimbruderschaft, brachte die Polizei in gepanzerten Fahrzeugen zum Gericht.

Hunderte Anhänger der entmachteten Islamisten protestierten am Morgen vor der Polizeiakademie. Ein Demonstrant trug ein Transparent mit der Aufschrift "Vergewaltigung des Willens des Volkes". Medienberichten zufolge wurden für den ersten Prozesstag 20.000 Sicherheitskräfte aufgeboten.

Die Staatsanwaltschaft wirft Mursi und den anderen Funktionären vor, sie hätten ihre Anhänger zur Tötung von oppositionellen Demonstranten angestiftet. Die ägyptische Nachrichtenseite Youm7 berichtete, die Verteidiger hätten "Überraschungen" angekündigt. Mursi selbst werde ohne Anwalt vor Gericht stehen, hatten seine Anhänger erklärt. Damit wolle er deutlich machen, dass dieser Prozess illegitim sei.

Mursi droht lebenslange Haft oder Todesstrafe

Es ist der erste öffentliche Auftritt des Ex-Präsidenten, seit er am 3. Juli nach Massenprotesten vom Militär entmachtet worden war. Seitdem wird er an einem unbekannten Ort festgehalten. Mursi war der erste frei und demokratisch gewählte Staatschef Ägyptens.

Kern der Anklage sind blutige Zusammenstöße vor dem Präsidentenpalast in Kairo im Dezember 2012, als Mursi dort noch regierte. Zehn Menschen waren damals ums Leben gekommen, als islamistische Schlägertrupps Mursi-feindliche Demonstranten angegriffen hatten. Die Staatsanwaltschaft behauptet, dass Mursi und die anderen Angeklagten die Schlägertrupps gesteuert haben.

Bei einem Schuldspruch droht Mursi und den Mitangeklagten lebenslange Haft oder die Todesstrafe. Das Verfahren hat im In- und Ausland Sorgen ausgelöst, die Armee könnte das Land wieder in einen Polizeistaat verwandeln. Seit dem Sturz Mursis ist sie mit harter Hand gegen die Bewegung der Muslimbrüder vorgegangen.

Wenige Stunden vor Beginn des Prozesses haben die ägyptischen Behörden einem Sohn Mursis verboten, das Land zu verlassen. Osama Mursi habe in der Nacht zum Montag von Kairo aus nach Malaysia fliegen wollen, berichtete ein Informant am Flughafen. An der Passkontrolle sei ihm jedoch die Ausreise verweigert worden. Beobachter vermuten, dass dadurch verhindert werden soll, dass Osama Mursi vom Ausland aus eine Kampagne zur Unterstützung seines Vaters organisiert. Mursi junior steht politisch hinter seinem Vater und den Zielen der Muslimbruderschaft.

USA drängen auf demokratische Wahlen

Kurz vor Beginn des Prozesses gegen Mursi hat US-Außenminister John Kerry demokratische Wahlen in Ägypten gefordert. Die Partnerschaft zwischen seinem Land und der Führung in Kairo werde dann am stärksten sein, wenn die ägyptische Bevölkerung von einer demokratisch gewählten Zivilregierung repräsentiert werde und grundlegende Rechte wie die Versammlungsfreiheit gewährt würden, sagte Kerry einer Mitteilung seines Ministeriums zufolge bei einem Besuch in Kairo.

Kerry begrüßte die Zusage der vom Militär gestützten Übergangsführung, an ihrem Fahrplan zur Rückkehr zur Demokratie festzuhalten. Ägyptens wirtschaftlicher Erfolg sei an seine Stabilität und Demokratisierung geknüpft, betonte er. Der US-Außenminister verteidigte zugleich die Einschränkung der Militärhilfe für das Land, bekräftigte aber, Washington werde Kairo weiter humanitär und bei der Bekämpfung des Terrorismus unterstützen.

Kerry zufolge hat US-Präsident Barack Obama zudem das ägyptische Angebot eines "strategischen Dialogs" angenommen. "Wir werden in diese Diskussion eines strategischen Dialogs einsteigen", sagte Kerry bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem Amtskollegen Nabil Fahmi. Kairo war der erste Stopp Kerrys auf einer mehrtägigen Nahost-Reise.

Es war der erste Besuch eines hochrangigen US-Politikers in dem Land seit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mursi im Juli.

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