Ägypten:Sicherheitskräfte belagern Moschee in Kairo

Smoke rises over Ramses Square as members of the Muslim Brotherhood and supporters of ousted Egyptian President Mohamed Mursi protest in front of Azbkya police station in Cairo

Der Ramses-Platz in Kairo mit der Al-Fath Moschee.

(Foto: REUTERS)

Nach einer blutigen Nacht bleibt die Lage in Ägypten angespannt: Anhänger des entmachteten Präsidenten Mursi verschanzen sich einem Gotteshaus in der Innenstadt von Kairo, Polizei und Militär umstellen das Gebäude. Hunderte Islamisten harren noch immer in der Moschee aus. In der Nacht soll es zu Schusswechseln gekommen sein.

In Ägypten werden nach dem "Freitag der Wut" mit mehr als 80 Todesopfern weitere blutige Zusammenstöße befürchtet. Das Militär und die Polizei belagern die Al-Fath Moschee am Ramses-Platz in Kairo, in der sich am Freitag zahlreiche Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi verschanzt hatten. Sie hatten zuvor auf dem Platz demonstriert und sich bei Beginn der Ausgangssperre am Abend in dem Gotteshaus verbarrikadiert.

Aus Angst vor Festnahmen trauen sie sich nicht, die Glaubensstätte zu verlassen. Die Moschee ist von Sicherheitskräften eingekesselt. Hunderte sollen nach Berichten von Augenzeugen noch immer dort ausharren, die Islamisten sprechen von Tausenden. In der Nacht soll es zu Schusswechseln zwischen beiden Lagern gekommen sein, wobei sich beide gegenseitig beschuldigen, das Feuer eröffnet zu haben.

Die Moschee dient der Muslimbruderschaft momentan als Lazarett. In einem Video, das der ägyptische Pro-Mursi Fernsehsender Al-Hiwar ausstrahlte, war zu sehen, wie die Streitkräfte in die Moschee hineingingen und mit den Protestierenden sprachen. Die Sicherheitskräfte boten an, die Frauen nach Hause gehen zu lassen, sagte ein Demonstrant vor Ort. Doch weil sie die Männer verhören wollten, lehnten die Islamisten ab.

Das Innenministerium gab unterdessen bekannt, dass Tausende Islamisten bereits festgenommen worden seien. Obwohl die Übergangsregierung die Sicherheitskräfte angewiesen hatte, auf gewaltbereite Demonstranten zu schießen, zeigten sich die Mursi-Anhänger davon unbeeindruckt und riefen zu neuen Protesten auf.

Am Freitag war es im ganzen Land zu Straßenkämpfen gekommen, mehrere Stadtviertel von Kairo erinnerten an Schlachtfelder. Allein in der Nähe des Ramses-Platzes wurden mindestens 39 Leichen gezählt, außerhalb von Kairo waren es nach Angaben der Sicherheitskräfte mindestens 44 Tote.

Die Übergangsregierung hatte ihr hartes Vorgehen gegen massive internationale Kritik gerechtfertigt und erklärt, sie müsse ein "terroristisches Komplott der Muslimbrüder" niederschlagen. Der Sprecher des ägyptischen Außenministeriums, Bader Abdel Atti, hatte den Vorwurf zurückgewiesen, die Sicherheitskräfte seien mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen.

Die Situation in Ägypten war am Mittwoch eskaliert, als bei der gewaltsamen Räumung zweier Protestlager und anschließender Unruhen 578 Menschen getötet worden waren. Seit der Entmachtung Mursis am 3. Juli war dies der blutigste Tag in Ägypten. Dessen Anhänger riefen als Reaktion darauf für eine Woche zu täglichen Protesten auf.

Kanzlerin Merkel ist "sehr besorgt"

Aus Protest gegen die Gewalt der Sicherheitskräfte hat nach der Türkei auch Venezuela seinen Botschafter aus Ägypten abgezogen. "Ich habe beschlossen, unseren Botschafter aus Kairo abzuziehen", sagte Präsident Nicolas Maduro in einer Rede, die staatliche Medien ausstrahlten. Mursi müsse wieder in sein Amt eingesetzt werden, "um einen nationalen Versöhnungsprozess des ägyptischen Volkes einzuleiten". "Genug der Staatsstreiche, genug der Spaltung", fügte er hinzu.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief zu einem Ende der Gewalt auf. "Gewalt darf in keinem Falle ein Mittel zur Lösung der Probleme sein", sagte sie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Kanzlerin äußerte sich "sehr besorgt" über die Lage in dem Land, dessen Gesellschaft "politisch tief gespalten" sei.

Am Montag wollen sich die EU-Botschafter in Brüssel zu einer Sondersitzung treffen. EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton rief die Mitgliedsstaaten auf, "angemessene Maßnahmen" zu ergreifen.

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