Ägypten nach der Wahl:Neue Regierung, alte Gesichter

Nach Absagen und Protesten hat Ägyptens Premier Gansuri sein Kabinett vorgestellt. Etliche Minister übernahm er aus dem Vorgängerkabinett; einige dienten bereits unter Mubarak.

Sonja Zekri, Kairo

Nach zweiwöchiger Suche, zahlreichen Absagen und Protesten hat der ägyptische Premierminister Kamal al-Gansuri am Mittwoch seine "Regierung der nationalen Rettung" vorgestellt. Am Nachmittag wurde sie vom Vorsitzenden des Militärrates, Mohammed Hussein Tantawi, vereidigt. Gansuri, der unter dem im Februar gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak schon einmal Regierungschef war und mit 78 Jahren vielen als zu alt gilt, soll von den Generälen mehr Freiheiten als bisherige Premiers erhalten. Der Militärrat übertrage Gansuri "präsidiale Befugnisse", meldete die offizielle Agentur Mena, "allerdings nicht die Zuständigkeit über die Streitkräfte und über die Justiz". Die Wut der Protestierenden hatte sich auch an Plänen für eine Sonderrolle der Armee und an der Anwendung von Militärjustiz für Zivilisten entzündet.

Ex-Regierungschef Gansuri neuer Ministerpräsident in Ägypten

Nach zweiwöchiger Suche stellte der ägyptische Premierminister Kamal al-Gansuri am Mittwoch seine "Regierung der nationalen Rettung" vor.

(Foto: dpa)

Die Besetzung des letzten und schwierigsten Postens, des Innenministeriums, dürfte neuen Unmut auslösen: Gansuri entschied sich für Mohamed Ibrahim Jusuf, den ehemaligen Sicherheitschef der Provinz Gizah, der inzwischen pensioniert ist. Die Ernennung eines Zivilisten, wie sie Aktivisten und Bürgerrechtler gefordert hatten, lehnte er ab.

Zahlreiche Minister hat Gansuri entweder aus dem Vorgängerkabinett übernommen oder sie dienten bereits unter Mubarak. Der umstrittene Informationsminister Osama Heikal wurde immerhin abgelöst. Viele Politiker hatten Posten in Gansuris Kabinett abgelehnt, da dieses möglicherweise nur für wenige Monate bis nach den Wahlen regieren wird. Das neue Parlament, in dem aller Voraussicht nach die Islamisten eine große Mehrheit haben werden, soll eine Verfassung auf den Weg bringen. Die Islamisten dringen darauf, dass die Mehrheit im Parlament auch die Regierung bestimme.

Die gemäßigt islamistischen Muslimbrüder und die ultrakonservativen Salafisten haben bei den Wahlen unterdessen ihren Vorsprung ausbauen können. Bei den Stichwahlen der Direktkandidaten in der ersten Wahletappe von neun Provinzen gewannen die Muslimbrüder und stellen nun nach eigenen Angaben 36 der 56 Direktmandate aus dieser ersten Phase der Wahl.

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