Adoption:Veraltete Paragrafen

Das Gesetz behandelt unverheiratete Eltern wie eine suspekte Lebensform.

Von Wolfgang Janisch

Meint es einer ernst mit dem Gebot der richterlichen Zurückhaltung, er wird den Bundesgerichtshof nicht dafür schelten können, dass er den unverheirateten Paaren das Naheliegende verwehrt hat - nämlich eine erleichterte Möglichkeit, Stiefkinder zu adoptieren und damit zu (rechtlich) vollwertigen Eltern zu werden. Denn der BGH hatte einige zwar überholte, aber eben rechtsgültige Paragrafen anzuwenden. Gewiss, die Gerichte haben gerade im Familienrecht immer wieder neue Entwicklungen angestoßen oder gleich selbst durchgesetzt. Aber im Grunde sind Reformen das Geschäft des Gesetzgebers.

Adoptionen spielen, was die Zahlen angeht, eine abnehmende Rolle in Deutschland. Förderungswürdig sind sie jedenfalls dort, wo Familien faktisch zusammenleben: Wenn der Stiefvater die Kinder morgens zur Schule und abends ins Bett bringt, dann sollte er - wenn alle Beteiligten einverstanden sind - auch rechtlich in die Vaterrolle einrücken dürfen.

Die nicht-eheliche Lebensgemeinschaft erfreut sich wachsender Beliebtheit und ist gesellschaftlich längst akzeptiert. In den veralteten Adoptions-Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuches wird sie indes noch wie eine suspekte Lebensform antibürgerlicher Existenzen behandelt. Der Gesetzgeber sollte den BGH-Beschluss zum Anlass nehmen, das Gesetz der Wirklichkeit anzupassen.

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