Abstimmung über EU-Fiskalpakt:Merkel will SPD und Grüne mit Finanzsteuer ködern

Die Union lädt die Opposition zu Gesprächen über den EU-Fiskalpakt ein. Für eine Zustimmung von SPD und Grünen zu dem Vertrag deutet die Kanzlerin Zugeständnisse im Streit um die Finanztransaktionssteuer an. Das dürfte ihrem Koalitionspartner FDP gar nicht gefallen - und könnte auch bei den Sozialdemokraten neue Konflikte auslösen.

Susanne Höll

Kanzlerin Angela Merkel und führende CDU-Politiker sind nach Informationen der Süddeutschen Zeitung bereit, SPD und Grünen für eine Zustimmung zum Fiskalpakt entgegenzukommen. Unionsfraktionschef Volker Kauder wolle seine Kollegen von FDP, SPD und Grünen möglicherweise schon kommende Woche zu einem Treffen einladen und Einigungschancen ausloten, hieß es in politischen Kreisen. Unklar war zunächst, ob auch die Linkspartei eingeladen wird, die den Fiskalpakt strikt ablehnt und dagegen Verfassungsklage erheben will.

Vor dem Treffen zeigte sich die Union offen für einige SPD-Forderungen. Man könne über eine Beteiligung der Finanzmärkte an den Kosten der Euro-Krise reden. Allerdings komme die Einführung von Transaktionsteuern in ganz wenigen EU-Staaten oder womöglich nur in Deutschland nicht in Frage, hieß es weiter. Denkbar seien auch Wachstumsprogramme für notleidende EU-Staaten Südeuropas und Projekte gegen die dort hohe Jugendarbeitslosigkeit. Allerdings müssten diese Programme aus EU-Mitteln finanziert werden. Ein groß angelegtes Konjunkturprogramm aus deutschen Steuermitteln sei undenkbar, verlautete aus den Kreisen.

Der Fiskalpakt war Anfang März von 25 der 27 Mitgliedstaaten unterzeichnet worden und muss in nationales Gesetz umgesetzt werden. Der Vertrag sieht Schuldenbremsen und Sanktionen für Defizitsünder vor und soll für eine solide Haushaltspolitik im EU-Raum sorgen. Bundestag und Bundesrat müssen mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen. Deshalb ist die Koalition auf die Opposition angewiesen.

Die FDP, die eine Finanztransaktionsteuer bislang nur akzeptieren will, wenn sie in der gesamten EU eingeführt wird, müsste nach Einschätzung aus diesen Unionskreisen einige Zugeständnisse machen. SPD und Grüne könnten andererseits nicht erwarten, dass sie ihre Steuerpläne verwirklichen können, nämlich die Finanztransaktionsteuer auf europäischer Ebene einzuführen. Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte, eine Finanztransaktionsteuer sei in Europa nicht durchzusetzen. Im SWR kündigte der Minister an, er wolle sich für eine "möglichst gleichwertige Alternative" in Form etwa einer erweiterten Börsensteuer einsetzen.

Die Union will die Gespräche über den Fiskalpakt möglichst schnell abschließen, um ihn noch vor der Sommerpause in Bundestag und Länderkammer zu verabschieden. Eine Einigung vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 13. Mai sei aus parteitaktischen Überlegungen der FDP, aber auch von SPD und Grünen nicht zu erwarten, hieß es in Kreisen der Opposition.

In der SPD könnten die Sozialpakt-Gespräche neue Konflikte in der Spitzenriege auslösen. Anfang März hatte es nach Angaben aus SPD-Kreisen einen Streit zwischen Parteichef Sigmar Gabriel und dem Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier über die Taktik in dieser Frage gegeben. Gabriel habe sich intensiv dafür eingesetzt, dass die SPD ihre Zustimmung zum Fiskalpakt von der Einführung einer Finanztransaktionsteuer abhängig mache und damit auch ein Scheitern des Fiskalpakts in Deutschland in Kauf nehmen würde. Steinmeier, aber auch Ex-Finanzminister Peer Steinbrück warnen dagegen, den Fiskalpakt in Gefahr zu bringen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: