Abstimmung in der Schweiz:Verschärftes Ausländerrecht

Sofortige Abschiebung von Ausländern bei Delikten: Die Schweizer haben für ein strengeres Ausländerrecht gestimmt.

Die Schweizer haben ihr Ausländerrecht am Sonntag kräftig verschärft. Eine Mehrheit von 53 Prozent stimmte einer Initiative der konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) zu, Ausländer bei bestimmten Delikten künftig automatisch abzuschieben. Ein Jahr nach dem überraschenden Sieg in der Abstimmung über das Verbot von Minaretten kann die SVP damit bei ihrem Stammthema erneut einen Erfolg verbuchen. Und die Schweiz gerät abermals in Konflikt mit internationalen Verträgen und dem Völkerrecht.

Referendum in der Schweiz

Schärferes Ausländerrecht nach Referendum in der Schweiz.

(Foto: dpa)

Die Initiative, deren Wortlaut nun in die Schweizerische Verfassung aufgenommen wird, zählt eine Reihe von Vergehen auf, die künftig zur automatischen Abschiebung führen. Dazu gehören Mord, Vergewaltigung, Einbruch, aber auch der missbräuchliche Bezug von Sozialleistungen. Das Parlament wird aufgerufen, die Liste per Gesetz zu vervollständigen. In all diesen Fällen sollen die Behörden bei der Abschiebung keinen Ermessensspielraum mehr haben, die Einzelfallprüfung entfällt.

Deshalb widerspricht die Initiative auch nach Ansicht der meisten Experten dem Freizügigkeitsabkommen mit der Europäischen Union sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention, die die Schweiz vermutlich schon bei der Minarett-Initiative verletzt hat. Über entsprechende Klagen entscheidet demnächst der Straßburger Menschenrechtsgerichtshof. Die Schweizer Regierung und die Mehrheit des Parlaments lehnten die SVP-Initiative ab. Sie hatten einen Gegenvorschlag zur Abstimmung gestellt, der das geltende Recht zwar auch verschärfen, internationale Normen aber respektieren sollte. Er fiel bei den Bürgern jedoch durch.

Ebenfalls mit deutlicher Mehrheit abgelehnt wurde eine Initiative, die für mehr Steuergerechtigkeit sorgen sollte. Die Schweizer Kantone legen ihre Einkommensteuersätze autonom fest und unterbieten einander, um möglichst viele Vermögende anzulocken. Deshalb wollten die Sozialdemokraten in die Verfassung schreiben lassen, dass Jahreseinkommen ab 250000 Franken mit mindestens 22 Prozent besteuert werden. In einigen Kantonen liegt der Satz deutlich niedriger. Anlass für die Initiative war 2007 die Ankündigung des Kantons Obwalden, Superreiche weniger hoch zu besteuern als andere. Allerdings hat inzwischen schon das Schweizer Bundesgericht solche "degressiven" Steuertarife verboten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: