Abstimmung in Berlin:Drei Stunden

Abstimmung in Berlin: Sahra Wagenknecht nennt den Einsatz "Wahnsinn".

Sahra Wagenknecht nennt den Einsatz "Wahnsinn".

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Im Eiltempo beschließt der Bundestag den Syrien-Einsatz der Bundeswehr. Für dieses beschleunigte Verfahren hagelte es zunächst Kritik. Am Ende war das Ergebnis der Abstimmung dann aber doch deutlich.

Von Stefan Braun

Manchmal können Reden im Parlament tatsächlich etwas ändern. Je besser die Rede, desto stärker ihr Einfluss. Am Freitag aber, in der Debatte über den Bundeswehreinsatz in Syrien, ist derlei ausgeblieben. Zu sehr fürchtete die Koalition auch nur die kleinste Veränderung ihrer Linie. Also hätte die beste Rede nichts mehr bewirken können. Und so schimpfte die Grüne Britta Haßelmann erfolglos über das hohe Tempo. In drei Tagen hatte die Koalition den Beschluss durchs Parlament getrieben. 30 Minuten Erstinformation der Fraktion, 30 Minuten Regierungsbefragung, dazu zweimal eine gute Stunde Debatte - das sei viel zu wenig, sagte die Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen. "Sie nehmen den einzelnen Abgeordneten nicht ernst", klagte sie und erinnerte daran, dass das britische Unterhaus zehn Stunden gestritten hatte, bevor es eine Entscheidung fällte. "Auch wir alle haben das sorgfältig zu prüfen." Deshalb passe die Schwere der Entscheidung und die Geschwindigkeit im Bundestag nicht zusammen. "Wo", fragte Haßelmann in die große Runde, "bleibt Ihr Standing?" Wer wissen wollte, wie ihr Auftritt wirkte, dem reichte ein erster Blick auf die Regierungsbank und ein zweiter auf Parlamentspräsident Norbert Lammert. Während die meisten Minister ziemlich still da saßen, lächelte Lammert leise. Er hatte die Regierung schon am Mittwoch gerüffelt, weil sie das Parlament nicht angemessen und erst nach einigen Medien über das Mandat informiert hatte. Sahra Wagenknecht war da weniger elegant. Sie attackierte nicht das Procedere, sondern kritisierte den Einsatz grundsätzlich. Krieg mache immer alles nur schlimmer, klagte die Ko-Vorsitzende der Linken-Fraktion. Sie halte es für einen "Wahnsinn", wenn als Antwort auf den Terror von Paris nun noch mehr Menschen durch Bombardierungen in Syrien sterben müssten. Außerdem zweifelte Wagenknecht daran, dass die Mission überhaupt etwas bringen könne. "Es ist eine schlichte Lüge, dass dieser Kriegseinsatz den IS schwächen wird", behauptete die Linken-Politikerin, "Krieg ist Terror, der neuen Terror hervorbringt." Das mochte die Koalition nicht auf sich sitzen lassen. Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich zitierte mehrere Tweets von Linken-Abgeordneten, die noch vor Kurzem den bewaffneten Kampf der Kurden bejubelt hatten, ohne dabei die Rolle amerikanischer Luftangriffe zu erwähnen. Er wolle das gar nicht kritisieren, meinte Mützenich. Er wolle nur ein bisschen "Redlichkeit". Und der CDU-Politiker Norbert Röttgen, seit dieser Legislatur Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, beendete seine Rede mit einem Verweis auf die Opfer, darunter junge Mädchen, die verkauft und misshandelt würden, um den Terror zu finanzieren. Wenn er sich das vergegenwärtige, dann könne er den Ablehnern eine Anmerkung nicht ersparen: "Es braucht schon verdammt gute Argumente, wenn man angesichts dieser Menschenverachtung mit Nein stimmt."

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