Abschied für Horst Köhler:Der Präsidenten-Blues

Ein melancholischer letzter Auftritt: Beim Zapfenstreich zu seinem Abschied wünscht sich Horst Köhler den St. Louis Blues. Auch bei der Gästeliste gibt es einige Überraschungen.

Susanne Höll

Zum Abschied aus dem Amt des Bundespräsidenten hat Horst Köhler einen Musikwunsch. Beim Zapfenstreich der Bundeswehr wird das Stabsmusikkorps nach zwei Märschen an diesem Dienstag in Berlin den St. Louis Blues spielen, ein lebhaftes Stück mit allerdings ziemlich traurigem Text. Der handelt von einer Frau, die ihren Mann an eine raffinierte Nebenbuhlerin verloren hat, und die nun jenes betrübt-melancholische Gefühl übermannt, das man auch in der deutschen Sprache den Blues nennt.

Horst Koehler

Ein melancholischer letzter Auftritt: Beim Großen Zapfenstreich zu seinem Abschied wünscht sich Horst Köhler den St. Louis Blues.

(Foto: Archivbild ap)

In welcher Stimmungslage der Präsident a.D. ist, vermag im politischen Berlin derzeit keiner zu sagen. Auch kennt in der Regierung und der Opposition bis heute kaum einer die wahren Gründe für seinen aufsehenerregenden und beispiellosen Rücktritt vor gut zwei Wochen. Dafür fragen sich auch namhafte Politiker, warum sich Köhler nach seinem abrupten Abgang nun noch mit einer großen symbolischen Geste wie dem Zapfenstreich ehren lässt. Wenn er gewollt hätte, hätte Köhler diese Veranstaltung ablehnen können.

Nun ist es aber in Deutschland guter Brauch, dass die Bundeswehr jedem Präsidenten, jedem Kanzler und jedem Verteidigungsminister anbietet, ihn mit diesem Akt aus der Politik zu verabschieden. Mit Ausnahme des Bundespräsidenten Gustav Heinemann, eines erklärten Gegners der bundesdeutschen Wiederbewaffnung, hatten alle Staatsoberhäupter diese Würdigung gern entgegengenommen.

Köhler weicht vom Usus ab

Nun ist Köhler der erste Präsident, der fristlos sein Amt aufkündigte. Doch die Bundeswehr hielt an ihrer Ehren-Praxis fest. Schon kurz nach seiner Rücktrittserklärung habe Köhler für den Zapfenstreich zugesagt, heißt es. Allerdings musste das Protokoll geändert werden. Bei den bisherigen, sozusagen regulären Zapfenstreichen war es Usus, dass die übrigen Vertreter der Verfassungsorgane dieser Veranstaltung fernbleiben. Köhler bat aber darum, diesmal diejenigen dazuzuholen, die er vor seiner Rücktrittserklärung informiert hatte: Kanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Guido Westerwelle, Bundestagspräsident Norbert Lammert, Bundesratspräsident Jens Böhrnsen und den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle.

Voßkuhle lässt sich aus Termingründen vertreten, die Übrigen kommen, Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will ebenfalls dabei sein. Auch Richard von Weizsäcker hat zugesagt und vertritt, wenn man so will, die Alt-Bundespräsidenten. 150 Gäste werden erwartet, darunter die Familie Köhlers, Freunde und Weggefährten. In Regierung und Opposition ist man trotz anhaltender Fassungslosigkeit über Köhlers einsame Entscheidung froh, dass ihm die Bundeswehr die Würdigung antrug. Alles andere hätte in der verstörten Bevölkerung die These genährt, der Präsident sei von den Parteipolitikern sozusagen vertrieben worden, heißt es.

Kein Teilnehmer erwartet sich von dem Termin mehr Aufschluss über die Gründe des Rücktritts. Das gilt auch für die Begegnung Köhlers mit seinen früheren Mitarbeitern, die für den Vormittag angesetzt ist. Von denen werden sich einige alsbald nach einem neuen Job umsehen müssen. Denn bis in die Fachreferate hinein sind die Einstellungsverträge an die Person des Bundespräsidenten gebunden. Derzeit bemühe man sich, einige Verträge zu ändern, damit das Präsidialamt zumindest für eine Übergangszeit arbeitsfähig bleibe, verlautet aus dem Haus.

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