Abschiebungen:Kritik an geplanten Asyl-Zentren

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Der Polizeieinsatz in Ellwangen befeuert den Streit über den Umgang mit Flüchtlingen. Während die einen für die sogenannten Ankerzentren werben, warnen andere vor ihrem Gewaltpotenzial.

Von Bernd Kastner, München

Der Togoer, dessen gescheiterte Abschiebung einen großen Polizeieinsatz in Ellwangen ausgelöst hat, sitzt nun in Pforzheim in Abschiebehaft. Wie das Innenministerium in Baden-Württemberg mitteilte, soll der 23-jährige Asylbewerber rasch nach Italien gebracht werden, wo er Europa erreicht hat. Als der Mann am Montag abgeholt werden sollte, bedrohten laut Polizei 150 bis 200 Flüchtlinge die Streifenbeamten. Am Donnerstag durchsuchten Hunderte Beamte die Erstaufnahme im schwäbischen Ellwangen. Sieben Flüchtlinge befinden sich laut Polizei in Untersuchungshaft. Mittlerweile äußerte sich der Anwalt des Togoers: "Seine Abschiebung und die Verhaftung sind rechtswidrig, weil jetzt Deutschland für sein Asylverfahren zuständig ist." Der Togoer habe gegen seine Rückführung nach Italien im September Klage eingereicht, sie sei noch nicht entschieden. Er genieße deshalb vorläufigen Rechtsschutz.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart bestätigte, dass über eine Klage des Togoers noch nicht entschieden sei; zudem habe dieser über seinen Anwalt einen Eilantrag gegen die Entscheidung gestellt, den das Gericht abgelehnt habe. Die Polizeieinsätze befeuern die Diskussion über Abschiebungen und die sogenannten Ankerzentren. Zu denen, die differenziert argumentieren, gehört Daniel Günther (CDU). Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein sagte der Funke-Mediengruppe, es gebe "definitiv ein Vollzugsdefizit bei Abschiebungen", das Problem aber sei vielschichtig: "Abschiebungen treffen oft auch die Falschen." Familien etwa, "die seit Ewigkeiten in Deutschland leben und gut integriert sind". Zugleich aber gelinge es nicht, Menschen abzuschieben, die "hier ihr Unwesen treiben und sich nicht an unsere Gesetze halten". Er werbe dafür, dass die Politik mit Leistung überzeuge und nicht mit markanten Forderungen. Günther verspricht sich Hilfe von den geplanten Ankerzentren: "Dort kann schnell entschieden werden, ob jemand eine Bleibeperspektive hat."

Die Diakonie befürchtet einen "explosiven Mix" aus hochbelasteten Menschen

Diese Unterkünfte ("Anker" steht für "Ankunft, Entscheidung, Rückführung") rücken in den Fokus der Debatte. Auch der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg, warb in der Neuen Osnabrücker Zeitung für die Zentren, die das Bündeln des Asylverfahrens ermöglichen sollen. Irene Mihalic (Grüne) dagegen warnte im Deutschlandfunk vor der Gefahr, dass sich dort eine ungute Dynamik mit hohem Gewaltpotenzial bilden könnte.

Kritik kommt auch von der Diakonie. Deren Präsident Ulrich Lilie warnte, in den Zentren entstehe ein "explosiver Mix" von hochbelasteten Menschen. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt die Zentren ab, vor allem den Plan von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), dort Bundespolizisten einzusetzen. Der GdP-Vorsitzende Oliver Malchow sagte im BR: "Wir wollen solche Zentren nicht bewachen - wir sind ausgebildete Polizeibeamte und kein Wachpersonal."

© SZ vom 05.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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