Abschiebungen:Zurück nach Deutschland

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Vier Jahre lang streiten Behörden und Gerichte über die Abschiebung des Leibwächters von Bin Laden. Dann findet sie statt - trotz eines Verbots. Und jetzt muss er zurückgeholt werden, entscheidet ein Gericht.

Der mutmaßliche frühere Leibwächter des 2011 getöteten Al-Qaida-Führers Osama bin Laden, Sami A., ist am Freitag in sein Heimatland Tunesien abgeschoben worden - obwohl ein Gericht tags zuvor ein Abschiebeverbot für den mutmaßlichen Islamisten und Gefährder bestätigt hatte. Jedoch erreichte dieses Verbot die zuständigen Behörden offenbar etwa eineinhalb Stunden zu spät. Am Freitagabend entschied das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen dann, die Abschiebung von Sami A. stelle sich als "grob rechtswidrig dar und verletzt grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien". A. müsse sei "unverzüglich" zurückzuholen. Den entsprechenden Eilantrag hatte eine Anwältin A.

s am Nachmittag gestellt. Zuletzt hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bereits zum zweiten Mal ein bislang bestehendes Abschiebehindernis widerrufen. Nach dem entsprechenden Bescheid des Bamf vom 20. Juni sei A. umgehend festgenommen worden, seine Abschiebung wurde vorbereitet, teilte das nordrhein-westfälische Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration am Freitag mit. "Mit Beschluss vom 11. Juli 2018 hat die für aufenthaltsrechtliche Maßnahmen zuständige 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen die Abschiebungsandrohung für rechtmäßig erachtet, da A. vollziehbar ausreisepflichtig ist. Auf Grundlage dieses Beschlusses ist die Rückführung nach Tunesien durchgeführt worden", heißt es weiter. Richter einer anderen Kammer des Gerichts entschieden allerdings am Donnerstag, dass eine Abschiebung von A. nach Tunesien "weiterhin nicht möglich" sei. Es liege keine "diplomatisch verbindliche Zusicherung der tunesischen Regierung" vor, dass A. in dem nordafrikanischen Land keine Folter drohe. Über diesen Gerichtsbeschluss informierte das Gericht das Bamf am Freitag um 8.10 Uhr per Computerfax. Doch da saß Sami A. bereits in einer Chartermaschine nach Tunesien. Das Flugzeug war gegen sieben Uhr auf dem Flughafen Düsseldorf gestartet.

Ein Gerichtssprecher kritisierte das Bamf. "Es ist vom Bamf der Eindruck erweckt worden, als warte man ab, bis wir entschieden haben." Das Vorgehen der Behörde sei "wider alle Gepflogenheiten und informellen Absprachen". Das Bamf untersteht dem Bundesinnenministerium. Das Bundesinnenministerium bestätigte die Übergabe von S. an die tunesischen Behörden. Eine Sprecherin betonte, die Entscheidung über die Abschiebung liege in diesem Fall in NRW. Gegen den jüngsten Gerichtsbeschluss, A. wieder zurückzuholen, kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.

© SZ vom 14.07.2018 / Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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