Abhörskandal in Polen:Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Donald Tusk

Im Zusammenhang mit dem Abhörskandal in Polen stehen nun Regierungschef Donald Tusk, sowie der Chef der Zentralbank und der Innenminister im Visier der Staatsanwaltschaft. Ihnen wird vorgeworfen, ihre Machtbefugnisse überschritten zu haben.

  • Mitschnitte eines Gesprächs legen nahe, dass die Unabhängigkeit der polnischen Zentralbank verletzt wurde. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Regierunsgschef Donald Tusk, seinen Innenminister Bartlomiej Sienkiewicz und Notenbankchef Marek Belka.
  • Die Abhöraffäre hatte eine Regierungskrise ausgelöst.

Ermittlungen gegen Zentralbank- und Regierungschef

Im Zusammenhang mit einer Abhöraffäre ermittelt die polnische Staatsanwaltschaft gegen Regierungschef Donald Tusk sowie den Zentralbankchef Marek Belka und Innenminister Bartlomiej Sienkiewicz. Es werde untersucht, ob sie ihre Machtbefugnisse überschritten hätten, teilte ein Sprecher der Behörde mit.

Gesprächsmitschnitte als mögliche Hinweise

Das Magazin "Wprost" hatte im Juni Mitschnitte eines Gesprächs vom Juli 2013 zwischen Innenminister Bartlomiej Sienkiewicz und Notenbankchef Marek Belka in Auszügen veröffentlicht.

Dem Bericht von "Wprost" zufolge war Belka von Innenminister Sienkiewicz gebeten worden, vor der Parlamentswahl 2015 im zuständigen Gremium eine Zinssenkung beschließen zu lassen, um die Konjunktur zu stützen. Eine solche Einflussnahme stünde im krassen Gegensatz zum Prinzip der Unabhängigkeit der Nationalbank. Belka bot daraufhin Konjunkturhilfen der Zentralbank an und verlangte im Gegenzug die Entlassung des damaligen Finanzministers Jacek Rostowski.

Dieser verlor tatsächlich seinen Posten im November 2013 bei einer Umbildung des Kabinetts, das von Tusk geführt wird. Die Staatsanwaltschaft will nun untersuchen, ob durch eine informelle Absprache die Unabhängigkeit der Zentralbank verletzt wurde.

Die Abhöraffäre hatte eine Regierungskrise in Warschau ausgelöst. Das Parlament sprach Tusk daraufhin knapp das Vertrauen aus. Tusk erhielt 237 von insgesamt 440 Abgeordnetenstimmen. 203 Abgeordnete stimmten gegen ihn, Enthaltungen gab es keine.

© SZ.de/Reuters/chwa/mike - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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