abgeordnetenwatch:Bürger an MdB: Bitte melden!

Mit einem simplen Internet-Tool können User ihre Bundestagsabgeordneten zu allem befragen, was ihnen auf dem Herzen liegt. Die Antworten kann jeder nachlesen. So wird Politik transparent.

Bernd Oswald

Wieso springen zur Zeit so viele Politiker auf den Killerspielezug auf? Weshalb ist es nicht möglich, der immer größer werdenden Anzahl von stinkenden Hundehäufchen am Gehweg Herr zu werden? Warum hat sich die Union in Bezug auf das Antidiskriminierungsgesetzt so dermaßen stark von der SPD über der Tisch ziehen lassen?

Das sind die Dinge, die den Deutschen unter den Nägeln brennen - zumindest den Usern von abgeordnetenwatch.de.Per E-Mail können Bürger ihren Abgeordneten auf den Zahn fühlen. abgeordnetenwatch.de leitet die Fragen - sofern sie nicht beleidigend oder privater Natur sind - einfach an den Mandatsträger weiter.

Wenn der Abgeordnete antwortet (im Schnitt dauert das vier Werktage) bekommt der Fragesteller einen Hinweis per E-Mail. Die Antwort wird dann auf abgeordnetenwatch.de veröffentlicht, so dass jeder, der über einen Internetzugang verfügt, sie nachlesen kann. So einfach kann Transparenz sein.

Bürgerrechte und Hartz-IV-Sorgen

Das Politiker-Portal aus Hamburg erhebt schließlich den Anspruch, ,,die parlamentarische Demokratie mit modernen Kommunikationsmitteln zu beleben'', wie der Gründer Gregor Hackmack sagt.

Bis dahin wird es noch ein bisschen dauern, denn bisher ist die Resonanz noch nicht so gewaltig: Jeden Tag bewegen sich um die 30.000 User auf der Seite . Die meisten begnügen sich damit, die Politiker-Antworten zu lesen. In den vier Wochen seit dem Start sind etwa 1300 Fragen zusammengekommen.

Bisher ist erst gut ein Drittel davon beantwortet, doch steigt der Prozentsatz mit der Zeit, wie die Erfahrung zeigt: Im Bundestagswahlkampf 2005 waren es im Schnitt um die 70 Prozent. Am aufgeschlossensten für die neue Form der E-Demokratie waren damals SPD und Grüne, die etwa drei Viertel der Fragen beantworteten. Die Antwort-Muffel saßen vor allem in den Reihen der CSU.

Neu ist jetzt, dass die User die Abgeordneten die ganze Legislaturperiode über mit Fragen bombardieren können - auch über sueddeutsche.de, das seit Montag zu den Medienpartnern von abgeordnetenwatch zählt. Die Bandbreite der Fragen ist enorm, dennoch haben sich Schwerpunkte herauskristallisiert: Den größten Informationsbedarf gab es bisher bei der Gesundheitsreform, gefolgt von Komplex Innere Sicherheit/Bürgerrechte. Auch das Arbeitslosengeld II erregt die Gemüter.

Dabei schwankt der Gehalt von Fragen und Antworten: Manche Parlamentarier sind sehr kurz angebunden, andere verwenden Bausteine aus Wahlprogrammen, wieder andere liefern haufenweise Argumente. ,,Anhand der Antworten kann man schon sehr gut erkennen, mit was für einem Abgeordneten man es zu tun hat'', sagt Hackmack.

Nahles mit den meisten Antworten

Nicht alle 614 MdBs brachen in Jubel aus, als die ersten abgeordnetenwatch-Anfragen eintrudelten. Zwar machen die meisten mit, es gibt aber auch einige Boykotteure. Auch Wendehälse wurden schon ausgemacht: Mancher Kandidat, der im Wahlkampf noch fleißig auf die Bürgeranfragen antwortete, hat nach dem (Wieder-)Einzug in den Bundestag kaum noch auf die E-Mails reagiert.

Momentan liegt die SPD-Linke Andrea Nahles mit 15 Antworten auf 20 Fragen vor den CDU-Abgeordenten Martina Krogmann und Katherina Reiche. Bei Bundeskanzlerin Angela Merkel sind 19 Fragen aufgelaufen, ihr Büro hat aber zugesagt, dass die Antworten bald folgen.

Neben den Fragen gibt es noch ein zweites wichtiges Feature: Bei besonders wichtigen Abstimmungen dokumentiert die Site das Abstimmungsverhalten eines jeden Abgeordneten: Ja, Nein, Enthaltung - oder ob er gar nicht teilgenommen hat. Eine ausgezeichnete Basis für Nachfragen.

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