Abgasaffäre:Audi-Chef Stadler in Haft

Die Staatsanwälte haben Telefonate des Managers abgehört und werfen ihm jetzt Vertuschung vor.

Von Max Hägler, Klaus Ott

In der Abgasaffäre bei Volkswagen sitzt nun erstmals ein amtierender Spitzenmanager in Untersuchungshaft: Audi-Vorstandschef Rupert Stadler. Die Staatsanwaltschaft München II hatte Stadler Montagmorgen in seinem Haus in Ingolstadt festnehmen lassen. Ein Münchner Richter ordnete anschließend Untersuchungshaft an. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Audi-Chef Vertuschung vor. Er habe mögliche Zeugen oder Mitbeschuldigte beeinflussen und so die Ermittlungen behindern wollen. Das ist, neben Fluchtgefahr, ein Grund für Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft will Stadler daran hindern, seine mutmaßliche Vertuschung fortzusetzen. Der Anwalt von Stadler wollte sich dazu nicht äußern. Audi ist ein Tochterunternehmen von VW.

Die Ermittler hatten am Montag vergangener Woche Stadlers Haus durchsucht. Außerdem waren seine Telefonate vor und nach der Razzia abgehört worden. Das war aus Kreisen von Verfahrensbeteiligten zu erfahren. Die Staatsanwaltschaft wollte sich dazu nicht äußern. Entweder aus den sichergestellten Unterlagen oder aus den abgehörten Telefonaten, möglicherweise auch aus beiden Quellen, ergaben sich für die Ermittler konkrete Anhaltspunkte für den Verdacht der Vertuschung gegen Stadler.

Gegen den 55-Jährigen läuft ein Verfahren wegen Betrugsverdachts

Der 55-Jährige fing 1990 bei Audi an und ist seit 2007 Vorstandsvorsitzender. Aus VW-Kreisen hieß es, Audi-Vertriebsvorstand Abraham Schot soll nun vorübergehend den Chefposten übernehmen. Der Niederländer gehört erst seit September vergangenen Jahres dem Vorstand von Audi an. Seine Berufung hat der Aufsichtsrat von Audi bis Montagabend aber noch nicht beschlossen. Weiter hieß es, an eine Kündigung von Stadler sei nicht gedacht, ob er beurlaubt wird, wurde ebenfalls noch nicht entschieden. Audi selbst erklärte, für den Vorstandschef gelte weiterhin die Unschuldsvermutung.

Darüber hinaus äußere man sich nicht zu den Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits vor Stadlers Verhaftung ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts gegen den Audi-Chef eingeleitet. Die Strafverfolger werfen ihm vor, er habe von Ende 2015 an Hinweise auf Diesel-Fahrzeuge mit manipuliertem Abgassystem gehabt. Stadler habe dann bewusst in Kauf genommen, dass Audi weiterhin solche Fahrzeuge mit überhöhten, gesundheitsschädlichen Schadstoffwerten herstelle, auf den Markt bringe und so die Kunden täusche und betrüge. Der Audi-Chef hat seit Beginn der Abgasaffäre wiederholt erklärt, er habe nichts von Manipulationen gewusst und habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Audi macht rund 60 Milliarden Euro Umsatz und hat weltweit 90 000 Mitarbeiter.

Stadler ist inzwischen der dritte Manager aus dem VW-Konzern, der in Deutschland im Gefängnis sitzt. Mitte April war in Stuttgart ein leitender Porsche-Mitarbeiter in Untersuchungshaft gekommen. Er soll während einer Razzia bei Porsche einen Assistenten per Telefon angewiesen haben, bestimmte Unterlagen beiseitezuschaffen. Auch hier waren Telefonate abgehört worden. Bei Porsche heißt es hingegen, dieser Vorwurf treffe so nicht zu. Bereits seit knapp einem Dreivierteljahr sitzt in München der frühere Audi-Manager und spätere Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz in Untersuchungshaft; ebenfalls wegen angeblicher Verdunklung. Hatz bestreitet die Vorwürfe.

Wie schwer die Verhaftung von Stadler Volkswagen zu schaffen macht, zeigt sich an der Börse. Der VW-Aktienkurs verlor bis zu vier Prozent. Den VW-Aufsichtsrat, der sich am Montag eigentlich zu einer Routinesitzung treffen wollte, traf der Schlag gegen Audi völlig unvorbereitet. Die VW-Kontrolleure hatten durchblicken lassen, dass sie Stadler trotz der Ermittlungen im Amt belassen wollen.

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