Vor Beginn der Asien-Reise:Merkel stellt Entwicklungshilfe für Indien infrage

Unangenehmes Thema im Reisegepäck: Kurz vor ihrem Indien-Besuch hat Kanzlerin Angela Merkel angekündigt, die deutsche Entwicklungshilfe für das Schwellenland grundlegend zu überdenken.

Wenige Tage vor ihrer Indien-Reise hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die deutsche Entwicklungshilfe für das Schwellenland infrage gestellt. Einerseits machten indische Internet-Firmen riesige Gewinne, andererseits herrsche weiterhin große Armut in dem Land, sagte sie auf einer Asien-Konferenz am Freitag in Berlin.

Merkel kündigte an, die Zukunft der Entwicklungshilfe bei ihren Treffen in der nächsten Woche in Neu-Delhi zur Sprache bringen. Man müsse sich fragen, wie lange der bisherige Weg noch fortgesetzt werden könne. Im Klimaschutz und in der Technologie seien die Hilfen aber auch im deutschen Interesse.

Darüber hinaus sprach sich die Kanzlerin dafür aus, die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Indien auszubauen. "Wir müssen relativ schnell agieren", sagte Merkel. Lange Zeit sei der Fokus sehr stark auf China gerichtet gewesen. Aber auch Indien sei "ein dramatisch wachsendes Land" und habe eine sehr gute wirtschaftliche Perspektive. "Wir haben als Europäer alle Chancen, auch in einem Land wie Indien. Wir müssen uns nur engagieren", betonte Merkel.

Ferner rief Merkel die asiatischen Staaten zu einem Schulterschluss im Ringen um eine Abrüstung von Atomwaffen auf und verwies dabei auf den internationalen Konflikt um das iranische Atomprogramm. "Deshalb haben wir große gemeinsame Probleme." Es sei richtig, dass sich die internationale Staatengemeinschaft entschieden dafür einsetze, den Iran von der Entwicklung von Atomwaffen abzuhalten.

Viertgrößter Handelspartner

Die Kanzlerin betonte die Bedeutung der boomenden Wirtschaft Indiens für die deutsche Konjunktur. Mit einer erstarkenden Wirtschaft wüchsen aber auch die Erwartungen an die politische Verantwortung Asiens. Dies gelte nicht nur für den Klimaschutz.

Merkel bricht am Montag gemeinsam mit einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation zu einer viertägigen Indien-Reise auf. Im Mittelpunkt ihrer Gespräche in Neu-Delhi und Bombay stehen die Wirtschaftsbeziehungen und der Kampf gegen den Klimawandel. In Asien rangiert Indien unter den Handelspartnern Deutschlands nach China, Japan und Südkorea auf Platz vier.

Durch das rasante Wirtschaftswachstum von zuletzt über neun Prozent dürfte sich Indiens Energiebedarf nach Schätzung der Internationalen Energieagentur bis zum Jahr 2030 mehr als verdoppeln. Der Bundesverband der Deutschen Industrie erwartet sogar eine Vervierfachung. Dabei dürfte der Ausbau der Atomenergie eine besondere Rolle spielen, aber auch die Nutzung erneuerbarer Energien soll vorangetrieben werden.

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