Volksbegehren:Berliner wollen Stromnetz zurückkaufen

Erst das Wasser, nun der Strom: Ein Volksbegehren in Berlin hat den Rückkauf des Stromnetzes von Vattenfall zum Ziel. Was das die Kommune kosten würde, ist allerdings noch unklar.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Nach dem Wasser soll im Land Berlin auch der Strom zurück in Volkes Hand. So will es das Volksbegehren Berliner Energietisch, dessen zweite Runde am Montag begonnen hat. Knapp 200.000 Unterschriften wollen die Initiatoren bis 10. Juni sammeln, um ein landeseigenes Klimastadtwerk zu gründen, das nur auf Öko-Strom Energien setzt und von Bürgern kontrolliert wird. Das Berliner Stromnetz soll Energieunternehmen Vattenfall abgenommen und wie Gas- und Fernwärmenetz rekommunalisiert werden. Ende 2013 läuft in Berlin die Konzession für das Gasnetz aus, Ende 2014 die für das Stromnetz.

"Wir rechnen uns sehr gute Chancen aus", sagte der Sprecher des Berliner Energietisches, Stefan Taschner, am Montag. "Wir wollen die Energieversorgung in unsere Hand holen und sie ökologisch, basisdemokratisch und sozial gestalten." Bis auf die CDU unterstützen alle Parteien im Berliner Abgeordnetenhaus das Volksbegehren. Was die Rekommunalisierung kostet, ist allerdings noch unklar.

Vatenfall schätzt Wert auf drei Milliarden Euro

Drei Milliarden Euro seien allein die Berliner Energienetze wert, ließ der bisherige Netzbetreiber Vattenfall wissen. Eine "Fantasiezahl", meint der Sprecher des Energietisches, der mit einem Kaufpreis von "unter einer Milliarde" rechnet. Dazu kämen Kosten für ein Stadtwerk, das nach Hamburger Vorbild sukzessive ausgebaut werden soll.

Die Befürchtung, Berlin könnte sich nach der Rückholung der Wasserbetriebe und den Millionenschäden am neuen Flughafen nun mit dem Stromnetz finanziell überheben, sieht der Energietisch nicht. Die Kredite seien günstig wie nie, später finanziere das Unternehmen sich "aus sich selbst heraus".

Versorgt werden soll das Stadtwerk nach dem Plan der Initiative ausschließlich mit Ökostrom, auch aus Brandenburg. Dass dort neben Wind auch Braunkohle verstromt wird, sei ein "Problem" das noch zu lösen sei, so der Sprecher. Wichtig sei bei allem "maximale Transparenz", auch bei der Wahl der Aufsichtsräte, von denen einige von den Bürgern direkt gewählt werden sollen.

Mögliche Abstimmung gleichzeitig zur Bundestagswahl

Letzteres sorgt im Senat für leise Skepsis. Umweltsenator Michael Müller (SPD) unterstützt die Rekommunalisierung. Berlin will bei der Neuausschreibung der Energienetze als Bewerber ins Rennen gehen. "Wir haben uns klar positioniert", sagte die Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Daniela Augenstein. Allerdings müsse "in enger Abstimmung mit den Fraktionen ein vernünftiger Weg" gefunden werden.

Anders als der Energietisch haben SPD und CDU bislang nur einer Landesbeteiligung von 51 Prozent an einem Energieunternehmen zugestimmt. Auch von Basisdemokratie im Aufsichtsrat hält man hier wenig. Sollte das Volksbegehren Erfolg haben, was erwartet wird, könnte es bei der Bundestagswahl zum Volksentscheid kommen.

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