USA:Bushs Kriegsrhetorik hat ausgedient

Kein "Krieg gegen den Terror" mehr: Barack Obama tilgt die ideologischen Schlagworte der Bush-Ära aus dem Wortschatz der Regierung.

Andrian Kreye

Sprachsäuberungen sind eine bewährte Methode, um nach Revolutionen oder dem Ende von Diktaturen den Neubeginn in der Gesellschaft zu verankern.

USA: Auch rhetorisch umgänglicher als sein Vorgänger: US-Präsident Barack Obama.

Auch rhetorisch umgänglicher als sein Vorgänger: US-Präsident Barack Obama.

(Foto: Foto: AP)

Wenn die Regierung von Barack Obama nun Begriffe aus ihrem Sprachgebrauch verbannt, dann ist dies nicht nur Zeichen für einen Zeitenwandel in Washington. Eine Sprachsäuberung ist ein Symbol dafür, dass man der Politik der Vorgänger attestiert, historischen Schaden angerichtet zu haben.

Die Versuche, politische Höflichkeit zu bewahren, sind dabei sehr durchsichtig. Am vergangenen Montag etwa brachte US-Außenministerin Hillary Clinton Klarheit in eine verwirrende Debatte um den offiziellen Sprachgebrauch ihrer Regierung.

Die Obama-Regierung werde ab sofort nicht mehr vom "Krieg gegen den Terror" sprechen. Offizielle Direktiven gebe es nicht, räumte sie ein, um gleich nachzusetzen: Man verwende den Begriff einfach nicht mehr, das sei ja wohl deutlich genug.

Der Randbemerkung der Außenministerin war eine lange Debatte vorangegangen. Das Verteidigungsministerium hatte angeblich eine Rundmail verschickt, in der es hieß, der Begriff War on Terror sei ab sofort durch den Terminus Overseas Contingency Operation zu ersetzen. Übersetzt klingt das mindestens so bürokratisch und ausweichend: "Krisenfallmaßnahme in Übersee". Das wurde sogleich revidiert, weil konservative Kritiker das Sprachdogma der ebenso ideologischen Politischen Korrektheit witterten.

Doch der "Krieg gegen den Terror" ist nicht der erste rhetorische Schlüsselbegriff aus der Ära Bush, der in diesen Wochen abgeschafft wird. Mitte März verabschiedete sich die amerikanische Regierung von der juristischen Umschreibung der Enemy Combatants, der feindlichen Kombattanten.

Und vergangene Woche verkündete die Hafenbehörde von New York und New Jersey, dass der zentrale Büroturm auf Ground Zero nicht mehr als Freedom Tower vermarktet werde, sondern mit seiner Adresse als One World Trade Center.

Man sollte diese sprachlichen Säuberungsaktionen nicht als politisch korrekte Pedanterie abtun. Die Gründe für den sprachlichen Revisionismus in den USA sind sehr pragmatisch, wenn auch so unterschiedlich wie die Funktion der jeweiligen Begriffe.

Der "Krieg gegen den Terror" war ein sprachliches Druckmittel, um andere Nationen auf die politische Linie der USA zu bringen. Nun soll Diplomatie die Außenpolitik prägen.

Die "feindlichen Kombattanten" waren ein völkerrechtlicher Winkelzug, um die Genfer Konventionen auszuhebeln. Die will man nun wieder achten. Nur die Distanzierung vom ideologisch belasteten Wort "Freiheit" hatte eher wirtschaftliche Gründe - niemand wollte in einem Gebäude mit so martialischem Namen Büroflächen mieten.

Es geht aber auch um Grundsätzliches. Die Bush-Regierung hat viel Schaden im Namen einer Ideologie angerichtet. Und Ideologie lässt sich nur über Sprache in einer Gesellschaft verankern. Viktor Klemperer schrieb 1946 in seiner "Lingua Tertii Imperii": "Der Nazismus glitt in Fleisch und Blut der Menge über durch die Einzelworte, die Redewendungen, die Satzformen."

Man kann die Regierung Bush nicht mit den Nazis vergleichen. Die Parallelen aber darf man ziehen. So bemerkte George Orwell ebenfalls 1946: "Politische Sprache ist dazu geschaffen, Lügen wahrhaft und Mord respektabel klingen zu lassen." Die neue US-Regierung aber will sich einer klaren Sprache bedienen.

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