US-Republikaner vor dem Super Tuesday:Romneys Problem mit der weißen Mitte

Kurz vor dem wichtigen Super Tuesday versucht US-Präsidentschaftsbewerber Mitt Romney, mit Jeans und kariertem Hemd Volksnähe herzustellen. Denn der frühere Hedgefondsmanager tut sich schwer damit, die weiße Arbeiterschicht zu überzeugen. Entscheidend wird Ohio sein. Doch da liegt Rick Santorum laut Umfragen noch knapp vor dem Multimillionär.

Christian Wernicke, Washington

Mitt Romney träumt von einem Triumphzug: Vier Vorwahlen nacheinander hat der telegene Multimillionär in der vergangenen Woche gewonnen. Sein jüngster Sieg in der Nacht zum Sonntag, errungen bei den republikanischen Parteitreffen ("Caucus") im fernwestlichen Washington State, fiel sogar überraschend deutlich aus.

Romney Campaigns In Georgia And Tennessee Ahead Of Super Tuesday

Kariertes Hemd, Jeans und Babys auf dem Arm: Mitt Romney gibt sich nicht nur in Knoxville, Tennessee, volksnah.

(Foto: AFP)

Weshalb Romney, der oft spröde wirkende Wunschkandidat des Partei-Establishments, in seiner Dankesrede prompt darauf verzichtete, auch nur einen seiner innerparteilichen Widersacher zu erwähnen. Sämtliche Attacken zielten auf Barack Obama, den vermeintlich gescheiterten Präsidenten und seine angeblich gebrochenen Versprechen: "Wir kommen, um all diese Schulden einzutreiben!" Seine Anhänger jubelten, und Romney wirkte erlöst. Und beinahe glücklich.

Nur, Romneys Traum vom Durchmarsch wird bereits am Dienstag platzen. An diesem sogenannten Super Tuesday treten Republikaner in zehn Bundesstaaten an zum Urnengang über ihren Spitzenkandidaten, und laut Prognose dürfte der Favorit mindestens vier davon verlieren.

An keinem Tag zuvor im nun schon über zwei Monate währenden Rennen um die Präsidentschaftskandidatur wurden so viele Delegierte für den Wahlparteitag Ende August in Tampa vergeben wie an diesem 6. März: 437 Wahlmänner, das ist rein rechnerisch mehr als ein Drittel jener exakt 1144 Stimmen, die man laut republikanischen Statuten zur Nominierung braucht. Nur, am Dienstag bekommt der Sieger nicht alle Wahlmänner zugesprochen.

Überall, in Alaskas hohem Norden wie im tiefen Süden von Georgia und Oklahoma als auch im neuenglischen Nordosten von Vermont oder Massachusetts werden die Delegierten strikt proportional verteilt. Der Sieger bekommt also stets nur ein paar Wahlmänner mehr zugesprochen als die jeweils Zweit- und Drittplatzierten.

"Politischer Todesmarsch"

Kantersiege sind unmöglich, weshalb der republikanische Wettlauf noch viele Wochen lang währen wird. "Dies ist ein politischer Todesmarsch, der sich da durch die Vorwahlstaaten zieht", klagt Ron Bonjean, einer der republikanischen PR-Strategen.

Denn auch der Super-Dienstag wird das republikanische Vierer-Feld nicht lichten. Newt Gingrich dürfte in Georgia obsiegen, der libertäre Außenseiter Ron Paul und seine eingefleischten Fans lassen sich ohnehin von keiner Niederlage bremsen. Und der erzkatholische Rick Santorum, neuerdings Romneys ärgster Widersacher, peilt gleich drei Siege an.

Bewährungsprobe in Ohio

Umfragen verheißen dem Ex-Senator Erfolge in Oklahoma und in Tennessee; dort leben besonders viele evangelikale Christen und Tea-Party-Anhänger, und dieser konservative Teil der republikanischen Wählerschaft mag sich nach wie vor nicht mit dem vermeintlich moderaten Romney anfreunden.

Zur wahren Bewährungsprobe wird Romneys Duell mit Santorum in Ohio. Noch nie in der US-Geschichte hat ein Republikaner das Weiße Haus erobert, der bei der Novemberwahl nicht auch diesen Bundesstaat im "Rust Belt" mit seiner heruntergekommenen Industrie und seiner im Herzen konservativen weißen Arbeiterschicht für sich gewinnen konnte.

Die weiße Mittelschicht entscheidet

Jüngste Stimmungstests sehen Santorum, den selbsterklärten Kandidaten der kleinen Leute, knapp vor Romney. Zwar hat der ehemalige Hedgefonds-Manager, der neuerdings Jeans und karierte Hemden liebt und Krawatten meidet, zuletzt aufgeholt. Aber Romney tut sich nach wie vor schwer bei Republikanern ohne College-Abschluss und unter Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen.

Genau diese weiße Mittelschicht wird die Wahl in Ohio entscheiden - am Super Tuesday wie exakt acht Monate später am 6. November, dem Dienstag der Präsidentschaftswahl. Diese Klientel, so analysiert der Wahlstratege Ruy Teixeira vom linken Think Tank "Center for American Progress", mache den Kern der republikanischen Wählerschaft aus.

Vor vier Jahren habe John McCain die weiße Arbeiterschaft mit einem Vorsprung von 18 Prozentpunkten gewonnen - und dennoch die Wahl verloren. Weil auch in diesem Jahr die meisten Afroamerikaner und Latinos stramm für Obama votieren würden, brauche jeder Republikaner noch stärkeren Rückhalt in der weißen Mitte: "Wenn die Republikaner im November gewinnen wollen, müssen sie hier ihren Vorsprung auf 23 bis 25 Punkte ausbauen", glaubt Teixeira.

Falls Romney in Ohio verliert, wäre dies für ihn ein düsteres Omen. Er müsste weiterziehen, würde weiter mühsam Delegiertenstimmen sammeln. Aber die Zweifel in den eigenen Reihen würden wachsen, dass die "Grand Old Party" mit diesem Mann je einen Triumphmarsch wird anstimmen können.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: