Friedrichs der Große:Der "Alte Fritz" - ein Tierfreund

Conde

Friedrich II. und sein Schimmel Condé

(Foto: oH/Reproduktion odg)

Der berühmte König verdammte die Jagd, gründete eine Tierarzneischule - und schwärmte vom Wachstum seiner Kirschen und Melonen. Ein Gespräch mit Sibylle Prinzessin von Preußen.

Von Oliver Das Gupta, Frankfurt am Main

Sibylle Prinzessin von Preußen, Jahrgang 1952, ist Künstlerin und Autorin. Gemeinsam mit ihrem Mann Friedrich Wilhelm, einem Urenkel von Kaiser Wilhelm II., hat sie mehrere historische Bücher verfasst. Zuletzt erschien "Friedrich der Große. Vom anständigen Umgang mit Tieren" (MediaMatrix Verlag) über die Tierliebe des Preußenkönigs, der am 24.1.1712 geboren wurde.

SZ: Bevor wir über Friedrich den Großen und seine Tierliebe im Detail sprechen: Wie sind Sie auf das Thema gekommen?

Sibylle Prinzessin von Preußen: Mein Mann und ich widmen uns seit zwölf Jahren diesem Thema. Dazu haben wir viel gelesen und ausgiebig recherchiert. Zuerst lag der Fokus auf den Hunden, dann auf seinem Pferd und seiner Tierarzneischule. Irgendwann hat sich das Thema wie ein Mosaik zusammengefügt.

Gab es schon vorher eine Tierarzneischule?

Nein, das war ein Novum in Deutschland. Friedrich ist der Begründer der Tiermedizin in Deutschland. In Lyon gab es etwas Ähnliches, das hat ihn sehr interessiert. Er beauftragte seinen Leibarzt Cothenius, eine Ausbildungsstätte für Veterinäre zu schaffen. Friedrich interessierte sich übrigens nicht nur für Tiere. Er erließ sogar Dekrete, um Pflanzen zu schützen. Einmal schrieb er von seiner Sehnsucht, seinen Wein, seine Kirschen und Melonen wiederzusehen, die in Ruppin wuchsen. Das zeugt alles von einer großen Nähe zur Natur.

Sie schreiben, Friedrich sei einer der ersten Tierschützer überhaupt gewesen. Wodurch lässt sich seine Tierliebe belegen?

Immer wieder finden sich Stellen, aus denen hervorgeht, dass er Tiere schonen wollte. In seiner Jugendschrift "Antimachiavell" kritisierte er die fürstliche Jagd als grausam - und dass, obwohl gerade seine aristokratische Entourage geradezu jagdbesessen war. Die Jagd, schreibt Friedrich, sei ein Zeitvertreib, der den Geist roh und ungebildet ließe. Die Jagdschlösser ließ er umgestalten zu Orten, an denen die Natur studiert werden konnte. Der Berliner Tiergarten war ein aristokratisches Jagdgebiet - bis Friedrich ihn in einen Volkspark für alle Schichten der Bevölkerung umwandeln ließ. Er ließ eine Fasanerie anlegen, den Vorläufer des Zoos, auf dass die Menschen Tiere in ihrer Schönheit und Anmut betrachten können.

Und das war revolutionär?

Allerdings! Damals galten Tiere als empfindungslose Kreaturen, sie zu schinden war Usus. René Descartes beschrieb sie als nützliche Automaten, die lediglich Geräusche machen. Es ist eine Sicht von Lebewesen, wie wir sie heute leider auch bei der Massentierhaltung erleben. Friedrich dachte von Beginn an anders und handelte auch entsprechend: Sein berühmter Schimmel Condé starb erst mit 38 Jahren. An seinem erst vor einigen Jahren untersuchten Skelett fanden sich keinerlei Spuren von Quälerei, die Zähne waren in Ordnung. Seine Liebe zu Hunden ist bekannt. Seine kleinen Hunde durften sogar zu ihm ins Bett. Mit seinen Windhunden, den "Windspielen", wollte er begraben werden. Mit ihnen liegt er inzwischen, wie gewünscht, auf der Terrasse von Schloss Sanssouci.

Wie kam Friedrich zur Erkenntnis, dass es richtig ist, Tiere gut zu behandeln?

Eine wichtige Quelle war sicherlich Voltaires Hommage auf Isaac Newton, die er Kronprinz Friedrich zukommen ließ. In diesem Buch beschrieb Voltaire, wie der Vegetarier Newton zu Tieren stand. Das hat Friedrich stark beeindruckt und angesprochen, der damals ja wegen seiner Sensibilität und Tierliebe noch verspottet wurde. Eine Verbündete Friedrichs war seine Schwester Wilhelmine. In einem Brief an sie schrieb er 1752: "Ich glaube, ein Mensch, der gegen ein treues Tier gleichgültig sein kann, wird gegen seinesgleichen nicht dankbarer sein, und wenn man vor die Wahl gestellt wird, ist es besser, zu empfindsam, als hart zu sein."

Auf der einen Seite schätzte Friedrich Flora und Fauna, auf der anderen Seite führte er blutige Kriege, bei denen Abertausende starben. Wie passt das zusammen?

Kriege führten damals alle. Preußen gehörte sogar zu den fortschrittlicheren Nationen. Andere führten mehr Kriege, wie auch der Historiker Christopher Clark unlängst belegte. Viele Länder bauten ihre Imperien auf Sklavenhaltung und Leibeigenschaft auf. Sieht man es aus der heutigen Perspektive, dann steht das Preußen Friedrichs des Großen nicht gut da. Aus der Zeit heraus betrachtet, ergibt sich jedoch ein positives Bild.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: