Umstrittenes Verfahren:Regierung gibt Kohlendioxid-Speicherung frei

"Riskant, teuer, überflüssig" - Umweltschützer und Bürgerinitiativen kritisieren die unterirdische Speicherung des Treibhausgases CO2. Die Regierung hat dennoch ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Erprobung der Technik möglich machen soll.

Die Technik ist seit Jahren umstritten. Umweltschützer halten sie für sinnlos und gefährlich. Viele Klimaforscher sind überzeugt, dass es ohne sie nicht geht. Die Bundesregierung will die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CCS) zumindest erforschen lassen - und hat am Mittwoch ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht.

Regierung beschließt Gesetz zur CO2-Speicherung

CO2-Probespeicher im brandenburgischen Ketzin: Die Regierung befürwortet Tests der umstrittenen Methode zur unterirdischen Speicherung des Treibhausgases.

(Foto: dpa)

Es soll den probeweisen Einsatz der sogenannten CCS-Technik (Carbon Capture and Storage) erlauben. Dabei wird das klimaschädliche CO2 in speziellen Anlagen abgetrennt, um es in unterirdischen Speichern und Gesteinsschichten zu lagern. Diese liegen vor allem in Norddeutschland.

Die Abscheidung des Treibhausgases CO2 gilt als Voraussetzung, um auch künftig Kohlekraftwerke in Deutschland betreiben zu können. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle sprach von einem Durchbruch für eine Zukunftstechnologie. Die Opposition und Umweltverbände warnten vor den Gefahren der Speicherung des in hoher Konzentration giftigen Gases.

Dem Gesetz muss auch der Bundesrat zustimmen. Wegen der fehlenden schwarz-gelben Mehrheit dort und des Widerstandes vor Ort gilt der Ausgang als offen. Die Regierung gibt den Bundesländern in dem Gesetzentwurf allerdings weitgehenden Spielraum, in Genehmigungsverfahren die Speicher komplett zu untersagen.

Auf dieses Recht hatte vor allem die unionsgeführte Regierung Schleswig-Holsteins gedrängt. Auch Niedersachsen steht dem CCS-Konzept kritisch gegenüber.

In Brandenburg werden dagegen Sympathien für die Technik gehegt. Die dortigen Braunkohlekraftwerke sind besonders auf die Technik angewiesen. Denn ab 2013 müssen sämtliche Rechte zum CO2-Ausstoß in die Atmosphäre von den Betreibern gekauft werden, was CCS zusätzlich interessant macht. Aus dem gleichen Grund ist CCS daher auch für andere Industriebetriebe mit hohem CO2-Ausstoß wie Stahlwerke interessant. Bislang ist die Technik aber noch nicht ausgereift und kaum wirtschaftlich einsetzbar.

Viele Bürgerinitiativen sind gegen das Konzept, weil sie befürchten, dass Gas könne aus den Speichern austreten und zurück an die Erdoberfläche gelangen. Auch wegen ihrer Proteste war das Gesetz mehrmals verschoben worden.

Wirtschaftsminister Brüderle verwies darauf, dass CCS auch im internationalen Klimaschutz eine wichtige Rolle spielen könne, da ein Ende des klimaschädlichen Ausstoß von CO2 nicht in Sicht ist. China etwa setzt seit Jahren massiv auf Kohlekraftwerke und nimmt etwa jede Woche ein neues in Betrieb. "Steigende Weltbevölkerung und steigender Energieverbrauch werden dazu führen, dass Entwicklungs- und Schwellenländer auf absehbare Zeit nicht auf fossile Energieträger verzichten", sagte Brüderle.

Das Gesetz soll auch eine EU-Richtlinie umsetzen, was Bedingung für EU-Zuschüsse für Testanlagen etwa des Braunkohle-Stromerzeugers Vattenfall ist. Die Grünen kritisierten das Vorhaben als ein Spezialgesetz für Vattenfall. Es werde aber nicht möglich sein, das Gesetz angesichts der Gefahren wie CO2-Austritt oder Grundwasserverunreinigungen gegen den Willen der Bürger durchzusetzen, sagte Grünen-Umweltexperte Oliver Krischer. Man solle sich lieber auf Ökostrom und Energiesparen konzentrieren.

Die Linken wandten sich ebenfalls gegen das Vorhaben: "CCS ist riskant, teuer und überflüssig", sagte Energieexpertin Eva Bulling-Schröter. Der Umweltverband BUND sprach von einer "Rolle rückwärts" ins fossile Zeitalter.

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