Einsatz in Afghanistan:Soldatenmutter klagt Bundeswehr an

Am Karfreitag töteten in Afghanistan Taliban-Kämpfer drei Bundeswehrsoldaten. Nun erhebt eine Soldatenmutter schwere Vorwürfe: Ließ das Kommando die Männer im Gefecht absichtlich alleine?

Der Tod eines Bundeswehrsoldaten in Afghanistan soll nach dem Willen von dessen Mutter ein juristisches Nachspiel haben.

Einsatz in Afghanistan: Fotos der drei deutschen Soldaten, die am Karfreitag in Afghanistan getötet wurden: Hätte der Tod verhindert werden müssen?

Fotos der drei deutschen Soldaten, die am Karfreitag in Afghanistan getötet wurden: Hätte der Tod verhindert werden müssen?

(Foto: ap)

Wie das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtete, reichte die Mutter eines am Karfreitag in der Nähe von Kundus getöteten Hauptfeldwebels Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft Potsdam ein.

Sie sei "nach reiflicher Überlegung und umfassenden Recherchen zu der Überzeugung gelangt, dass der Tod ihres Sohnes zu den gegebenen Umständen hätte verhindert werden können und müssen", soll es in dem Antrag heißen.

Die Frau wirft der Bundeswehr dem Bericht zufolge schweres Versagen vor: Man habe die Einheit ihres Sohnes "unter bewusster Versagung militärischer Hilfe verrecken lassen", steht demnach in dem fünf Seiten langen Schreiben.

Die Einheit ihres Sohnes sei nicht von Helikoptern unterstützt worden, obwohl sie anderen Soldaten während eines Gefechts zur Hilfe gekommen sei, so die Mutter. Sie verlange Aufklärung, warum es keine Hilfe gegeben habe - und weshalb die Gewehre der Soldaten so heiß geworden wären, dass sie nicht mehr funktioniert hätten.

Keine Unterstützung aus der Luft

Der 35-jährige Nils Bruns war am 2. April 2010 während eines Feuergefechts mit Taliban durch einen Sprengsatz getötet worden, im selben Gefecht wurden zwei weitere Bundeswehrsoldaten getötet. Knapp zwei Wochen später starben erneut vier deutsche Soldaten bei Kämpfen in Afghanistan. Bruns war seinerzeit der 38. deutsche Soldat, der in Afghanistan ums Leben kam.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte dem Spiegel, es sei die erste Anzeige einer Angehörigen eines gefallenen Soldaten, die dem Ministerium bekannt sei. Zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wollte er nicht Stellung nehmen.

Starke Rolle in der öffentlichen Debatte

Der Strafantrag dürfte auch die Debatte um Rolle und Ausstattung der Bundeswehr in Afghanistan verschärfen. In anderen Ländern spielt die Haltung von Soldatenmüttern eine große Rolle in der öffentlichen Debatte zu Kriegseinsätzen: So brachte die Mutter des 19-jährigen Schotten Gordon Gentle das britische Verteidigungsministerium mit der Forderung unter Druck, für eine bessere Ausstattung britischer Soldaten in Kriegsgebieten zu sorgen.

Gentle war im Jahr 2004 bei einem Anschlag im Irak ums Leben gekommen. Eine Untersuchung stellte fest, dass die Armee sein Fahrzeug nicht standesgemäß ausgerüstet hatte.

Die Friedensaktivistin Cindy Sheehan wurde zu einer der prominentesten Kritikerinnen der US-Invasion des Iraks, nachdem ihr Sohn Casey im April 2004 im Irak ums Leben gekommen war. Sie und andere Mütter von Gefallenen waren als Teil der Bewegung Mothers Against War regelmäßig Teil von Antikriegsdemonstrationen.

Gibt es bald "Mütter gegen Krieg" in Deutschland?

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