Schäuble und der Bundesrat:Was nicht passt, wird passend gemacht

Das umstrittene BKA-Gesetz droht am Bundesrat zu scheitern. Innenminister Schäuble will das verhindern - und deshalb die Abstimmungsregeln ändern.

Als Konsequenz aus dem Streit über das BKA-Gesetz hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble eine Reform der Abstimmungsregeln im Bundesrat vorgeschlagen.

Schäuble und der Bundesrat: Will die Regeln im Bundesrat ändern lassen: Innenminister Schäuble

Will die Regeln im Bundesrat ändern lassen: Innenminister Schäuble

(Foto: Foto: dpa)

In einem Brief an die Vorsitzenden der Föderalismuskommission habe er sich dafür ausgesprochen, dass künftig "im Zweifel die Mehrheit der abgegebenen Stimmen im Bundesrat entscheidend" sein soll, sagte Schäuble nach der Innenministerkonferenz in Potsdam. Die entsprechende Initiative habe er mit dem SPD-Fraktionsvize Fritz Rudolf Körper gestartet.

Nach geltender Regelung kommt eine Zustimmung nur zustande, wenn die absolute Mehrheit mit Ja stimmt. Schäuble will der Tatsache entgegenwirken, dass sich wegen entsprechender Vereinbarungen in Koalitionsverträgen bei strittigen Themen oft mehrere Länder im Bundesrat enthalten. Es müsse geprüft werden, ob das dem Verständnis des Bundesrats entspreche, sagte Schäuble. Eine Enthaltung wird im Bundesrat derzeit wie eine Nein-Stimme gezählt. Im Streit um das BKA-Gesetz haben zahlreiche Koalitionsregierungen eine Enthaltung angekündigt.

Schäuble und Körper schlagen vor, dass künftig die Mehrheit der abgegebenen Stimmen zählen soll. Enthaltungen würden danach zunächst von den 69 Bundesratsstimmen abgezogen. Bei beispielsweise zwölf Enthaltungen würden noch 57 Stimmen zählen, sodass die Mehrheit bei 28 läge. Auch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verfährt nach dieser Regel.

Künast: "Als Innenminister untragbar"

In einer ersten Reaktion haben die Grünen Schäuble indirekt zum Rücktritt aufgefordert. "Dieser Minister hat entweder die Demokratie nicht verstanden, oder er will sie abschaffen", sagte Fraktionschefin Renate Künast in Berlin. "In beiden Fällen ist er als Innenminister untragbar."

Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) kritisierte Schäubles Vorschlag: "Wir dürfen das Grundgesetz nicht nach Belieben passend machen", sagte Wolf. Für Gesetze brauche man Mehrheiten. Man dürfe nicht über Verfahrensregeln eine jahrzehntelange Praxis aushebeln. Die FDP werde das nicht mittragen. Eine Verfassungsänderung braucht auch im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit - ohne die FDP ist diese derzeit nicht zu erreichen.

Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) unterstützt den Vorschlag von Wolfgang Schäuble: "Wir dürfen uns auf der einen Seite nicht über Politikverdrossenheit der Menschen beklagen, wenn auf der anderen Seite sich die Länder durch eine Enthaltung im Bundesrat in wichtigen Entscheidungen von der Diskussion verabschieden", sagte Ahlhaus in Hamburg.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Jörg Schönbohm (CDU), erwartet, dass der Streit den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat beschäftigen wird. Die erweiterten Kompetenzen für das Bundeskriminalamt hätten nicht auf der Tagesordnung der Herbstkonferenz gestanden, sagte Brandenburgs Ressortchef am Mittag zum Abschluss der zweitägigen Konferenz.

Die Minister hätten sich aber mit diesem politischen Thema beschäftigt. Es habe eine große Übereinstimmung gegeben und nur in "einigen kleinen Fragen" keine. In der kommenden Woche müsse der Bundesrat entscheiden. Nach seinem Eindruck werde es eine Mehrheit für ein Vermittlungsverfahren geben.

Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, August Hanning, zeigte sich optimistisch, dass das Gesetz trotz des Streits zwischen SPD- und unionsgeführten Ländern am Ende doch noch zu Stande kommt. Hier gebe es immerhin einen "erfreulichen Konsens", dass ein Gesetz zur Erweiterung der Kompetenzen des BKA zur Terrorismus-Bekämpfung notwendig sei.

Während die CDU/CSU-Länder an dem vorliegenden Gesetzentwurf festhalten wollen, wollen die SPD-Länder weniger Befugnisse für das BKA. Der Bundestag hat das Gesetz bereits mit der Koalitionsmehrheit von Union und SPD verabschiedet.

"Für ein paar Tage zeigen, wo der Hammer hängt"

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz hatte am Morgen im ZDF erklärt, er erwarte noch in diesem Jahr eine Einigung. Im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat werde es vor Weihnachten noch "die Bescherung, nämlich die Einigung für ein ganz wichtiges Gesetz" zur Verbesserung der Sicherheit geben, sagte Wiefelspütz.

Die Ablehnung des Gesetzentwurfs aus den Bundesländern mit SPD- und FDP-Regierungsbeteiligung sei darauf zurückzuführen, dass in der Politik nun einmal viele mitreden wollten. "Und auch die Bundesländer wollen vielleicht mal dem Bund für ein paar Tage zeigen, wo der Hammer hängt", gab sich der SPD-Politiker gelassen.

Die Union und auch SPD-Bundespolitiker wie Fraktionschef Peter Struck haben verärgert auf den Widerstand aus den Ländern reagiert. Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) sagte dem RBB, er sehe keinen Spielraum mehr für weitere Kompromisse beim BKA-Gesetz. Er sehe in dem Widerstand vor allem einen innerparteilichen Streit der SPD.

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