Obamas Personalplan:Mit Macht lockt Washington

Einen Clinton-Vertrauter als Stabschef, Kerry ins Auswärtige Amt, Schwarzenegger als Energieminister? Für Obamas Regierung steht hochkarätiges Personal bereit. Einen sicheren Job hat nur eine: Ehefrau Michelle.

Reymer Klüver und Nikolaus Piper

Kontrolliert wie er ist, hat sich Barack Obama nie dazu hinreißen lassen, vor der Wahl öffentlich über Kandidaten für seine Regierung zu reden. Nur eines hat er durchblicken lassen: Die Anwärter auf die wichtigsten Posten will er sehr schnell benennen.

Obamas Personalplan: Power-Paar: Barack Obama und seine Ehefrau Michelle.

Power-Paar: Barack Obama und seine Ehefrau Michelle.

(Foto: Foto: Reuters)

Doch damit hört es auch schon auf. Obama hat einen ungewöhnlich großen Pool von Experten und Politprofis, von Beratern seines Wahlkampfteams und Washingtoner Insidern um sich versammelt, unter denen er seine Kandidaten wählen kann. Deshalb sind für alle wichtigen Posten meist mehrere Namen im Gespräch. Bisher indes sind alles nur Spekulationen.

Das gilt auch für Obamas direktes Umfeld: Als Stabschef hoch gehandelt wird gegenwärtig Rahm Emanuel, Kongressabgeordneter aus Obamas Heimatstadt Chicago.

Mächtiger Insider als Stabschef

Er ist einer der mächtigsten Strippenzieher im Repräsentantenhaus, gilt als Architekt des überwältigenden Wahlsiegs der Demokraten vor zwei Jahren im Kongress. Mit ihm hätte Obama ohne Zweifel einen durchsetzungsstarken Washingtoner Insider - beides Attribute, die als unabdingbar für den Job gelten.

Beides träfe indes auch auf den früheren Senator Tom Daschle zu, der zu den frühen Freunden Obamas in Washington zählt. Als stellvertretende Stabschefin im Gespräch ist Valerie Jarrett, eine enge Freundin und Beraterin Obamas und seiner Frau Michelle. Noch drei Namen stehen selbst für diesen Posten auf der Liste: Peter Rouse, der Leiter von Obamas Senatsbüro, Ron Klain, einst Stabschef für Vizepräsident Al Gore, und Jim Messina, Stabschef in Obamas Wahlkampfmannschaft.

Wahlkampfteam soll ins Weiße Haus wechseln

Als Nationaler Sicherheitsberater wird Jim Steinberg genannt, ein sicherheitspolitischer Veteran. Unter Präsident Bill Clinton diente er bereits als stellvertretender Sicherheitsberater. Erwähnt wird aber auch Greg Craig, ein alter Clinton-Mann und Washingtoner Insider, und Susan Rice, die sein außenpolitisches Beraterteam leitet und unter Clinton Staatssekretärin im Auswärtigen Amt war.

Erwartet wird zudem, dass Obama die gesamte Führungsebene seines Wahlkampfsteams als Berater im Weißen Haus halten will: seinen Chefstrategen David Axelrod, den Architekten seines Wahlsiegs, Wahlkampfmanager David Plouffe, und Steve Hildebrand, der die Wahlkampfteams in den Bundesstaaten organisiert hat.

Auch Valerie Jarrett könnte für diesen Posten in Frage kommen. Sprecher des Weißen Hauses dürfte Kampagnensprecher Robert Gibbs werden, dessen jetziger Stellvertreter Bill Burton könnte das auch in Washington werden. Den nicht unwichtigen Posten der Büroleiterin - also die Person, die den Zugang zum Präsidenten kontrolliert - könnte Cassandra Butts übernehmen, eine Freundin Obamas aus Studienzeiten in Harvard.

John Kerry als Außenminister?

Ins Auswärtige Amt, so wird allgemein erwartet, wird Obama einen Senatskollegen holen. An der Spitze der Kandidatenliste steht der Präsidentschaftskandidat der Demokraten vor vier Jahren, John Kerry. Aber auch die Republikaner Richard Lugar und Chuck Hagel sind im Gespräch. Es heißt immer wieder, dass Obama mindestens einen Republikaner in ein wichtiges Ministeramt berufen will. Allerdings auch New Mexicos Gouverneur Bill Richardson, ein außenpolitischer Routinier, steht offenbar auf der Liste.

Alle sind indes nicht im engstens Beraterkreis Obamas. So ist es nicht überraschend, dass für den Stellvertreterposten wiederum ein Vertrauter Obamas genannt wird, Greg Craig. Den UN-Botschafterposten könnte Susan Rice übernehmen, Obamas außenpolitische Beraterin, oder auch Caroline Kennedy, die Tochter John F. Kennedys, die Obama mit der Suche nach seinem Vize betraut hatte.

Verteidigungsminister könnte der Republikaner Bob Gates bleiben. Genannt werden aber auch wiederum Senator Chuck Hagel und sein verteidigungspolitischer Berater Richard Danzig.

Die Spitzen im Geheimdienstapparat könnten die Kongressabgeordnete Jane Harman, eine langjährige Geheimdienstexpertin, und ihr früherer Kollege Tim Roemer besetzen, der in der 9/11-Kommission gedient hat. Als Justizminister sind demokratische Gouverneure im Gespräch: Tim Kaine aus Virginia, Deval Patrick aus Massachusetts und Janet Napolitano aus Arizona.

Barack Obama hat die Präsidentschaftswahl auch und vor allem deshalb gewonnen, weil er auf die Finanz- und Wirtschaftskrise besonnener und professioneller reagierte als sein politischer Gegner.

Mit Macht lockt Washington

Und das hat wesentlich mit seinem Team von Wirtschaftsberatern zu tun. Dessen wirkungsvollstes Mitglied dürfte zuletzt Paul Volcker gewesen sein. Der 81-Jährige ist eigentlich eine Ikone der Ära Ronald Reagan. Von 1979 bis 1987 stand Volcker an der Spitze der Notenbank Federal Reserve und besiegte in dieser Funktion die Inflation in den Vereinigten Staaten.

barack obama afp

Barack Obama nach dem Wahlsieg auf dem Weg in sein Hotel

(Foto: Foto: AFP)

Die Unterstützung durch den konservativen Volcker erhöhte Obamas Wählbarkeit unter Republikanern enorm. Manche spekulieren darauf, dass Volcker wenigstens für eine Übergangszeit Finanzminister wird. Das Amt ist kurzfristig mit Sicherheit der wichtigste Posten, den Obama zu vergeben hat.

Vom Chef der Treasury wird abhängen, wie schnell und wie gut die Vereinigten Staaten aus der Krise kommen. Angesichts des hohen Alters Volckers wäre eine Entscheidung für ihn allerdings sehr ungewöhnlich. Wahrscheinlicher ist, dass Timothy Geithner das Amt übernimmt. Der 47-Jährige ist Präsident der Federal Reserve Bank of New York und innerhalb der US-Notenbank zuständig für den direkten Kontakt zu den Finanzmärkten.

Möglich aber auch, dass stattdessen einer der beiden Ziehväter Geithners - der frühere Finanzminister Robert Rubin oder dessen Nachfolger Larry Summers - in das Schatzamt zurückkehren. Unter beiden hatte Geithner als Staatssekretär gedient. Rubin, 70, drehte Ende der neunziger Jahre unter Präsident Bill Clinton den Staatshaushalt ins Plus und ist heute graue Eminenz bei der Großbank Citigroup.

Larry Summers war zeitweise Präsident der Harvard-Universität. Sowohl Rubin als auch Summers unterstützten zunächst Hillary Clinton, stellten sich dann aber Obama zur Verfügung. Zu dessen Unterstützern gehört auch Jamie Dimon, 52, der Chef der Großbank JP Morgan Chase. Er führte seine Bank vergleichsweise gut durch die Krise und könnte ebenfalls Finanzminister werden.

Nicht ausgeschlossen schließlich, dass der derzeitige Amtsinhaber Henry Paulson weiter im Amt bleibt. Dies wäre eine Möglichkeit für den neuen Präsidenten, um seine Überparteilichkeit zu zeigen. Außerdem könnte Kontinuität die Finanzmärkte beruhigen - kein ganz unwichtiger Faktor in diesen Tagen.

Schwarzenegger als Energieminister

Oberster Wirtschaftsberater Obamas im Wahlkampf war Austan Goolsbee, ein 38 Jahre junger Ökonom von der Universität Chicago. Er könnte in das Wirtschaftsteam des Weißen Hauses aufrücken.

Allerdings ist Goolsbee weder Makroökonom noch Finanzwissenschaftler sondern Spezialist für Internetökonomie. In dieser Funktion hat er bereits während des Wahlkampfs einen Ruf für ein Forschungssemester an die London School of Economics angenommen. Offen ist, ob er diesem Ruf auch wirklich folgen wird.

Während des Vorwahlkampfs trug Goolsbee im Frühjahr zu einer schweren Panne bei: Obama hatte die Neuverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (Nafta) mit Mexiko und Kanada verlangt. Goolsbee sagte indes im kanadischen Konsulat in Chicago, man solle Obamas Worte nicht zu ernst nehmen. Hillary Clinton brandmarkte diesen Vorgang als "Obamas Nafta-gate".

Eine Rolle in Obamas Wirtschaftsteam könnten auch zwei Ökonomen von der Harvard-Universität spielen: Jeffrey Liebman und David Cutler. Liebman ist anerkannter Experte für Sozialpolitik, Cutler hat Obamas Plan für eine umfassende Reform des amerikanischen Gesundheitswesens geschrieben.

Noch eine Reihe weiterer Posten sind - zumindest in den Spekulationen - mitunter mehrfach besetzt von Ministerposten bis hin zur Redenschreiberin für die First Lady. Die beiden vielleicht prominentesten Namen kursieren beim Klimaschutz: Als Energieminister wird Kaliforniens republikanischer Gouverneur Arnold Schwarzenegger ins Gespräch gebracht. Als Obamas Klimaschutzbotschafter in aller Welt niemand anderer als Friedensnobelpreisträger Al Gore.

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