NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag:Ahnungslose Polizisten

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Jetzt rückt Baden-Württemberg ins Visier: Der NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag kritisiert, es habe nach dem Mord an der Polizistin Michele Kiesewetter auch im Südwesten "erhebliche Ermittlungspannen" gegeben. Deshalb werden Forderungen nach einer besseren Polizeiausbildung laut.

Von Tanjev Schultz

Im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags sind Rufe nach einer besseren Ausbildung für Polizisten laut geworden. Damit reagierten die Abgeordneten auf die Erkenntnisse über baden-württembergische Beamte, die Mitglied im rassistischen Geheimbund Ku-Klux-Klan waren. Der Vorgang sei "ungeheuerlich", sagte die SPD-Obfrau Eva Högl. Es gebe aber weiterhin keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Klan-Mitgliedschaft und dem Heilbronner Mord an der Polizistin Michele Kiesewetter im Jahr 2007. Der CDU-Abgeordnete Clemens Binninger sagte, er könne nicht so weit gehen, "irgendetwas auszuschließen".

Auch einer von Kiesewetters Vorgesetzten hatte sich einst mit dem Ku-Klux-Klan eingelassen. Den Klan habe er für eine religiöse Gemeinschaft gehalten, sagte er in einer polizeilichen Vernehmung. Ein Kollege habe ihn eingeführt. Dieser habe ein Problem mit Schwarzen gehabt. Der betreffende Beamte bestritt eine rechtsextremistische Gesinnung. Gefragt, ob ihm nicht bekannt sei, dass der Ku-Klux-Klan "kein Bastelclub" sei, antwortete er: Ja, aber ihn habe "das Geheimnisvolle interessiert". Eine der Folgen ist nun, dass auch der Mord an Kiesewetter als die Tat des NSU gilt, die viele für die geheimnisvollste halten. Früh hatten Ermittler den Verdacht, es könnte irgendeine Verbindung der Beamtin zu den Terroristen gegeben haben. Belege dafür wurden dann aber nicht gefunden.

Offenbar ein "Erkenntnisdefizit"

Hartfrid Wolff (FDP) kritisierte, es habe "erhebliche Ermittlungspannen" nach dem Mord gegeben. So seien die E-Mails der Beamtin nicht richtig ausgewertet worden. Wolfgang Wieland (Grüne) sagte, Baden-Württemberg sei noch "mit der weißeste Fleck auf der Landkarte unserer Untersuchung". Die Parlamentarier bemängelten eine unzureichende Zusammenarbeit von Bundes- und Landeskriminalamt. Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) wies die Kritik zurück; die Behörden hätten sich nichts vorzuwerfen.

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Das Münchner Gericht hat den NSU-Prozess verschoben. Von einem "Schlag ins Gesicht", spricht Hülya Özdag, die einen Bombenanschlag der Neonazis miterlebte, "grotesken Dilettantismus" nennen das andere Gäste bei Frank Plasberg. Und Zschäpes Verteidigerin Anja Sturm bestätigt: Ihre Mandantin wird schweigen.

Eine TV-Kritik von Anna Fischhaber

Der frühere Chef des Landesverfassungsschutzes, Helmut Rannacher, räumte laut Nachrichtenagentur dpa Versäumnisse ein: "Ich bekenne mich zu den Fehlern." Eine Verfassungsschützerin sagte zudem, für den Raum Ludwigsburg habe es offenbar "ein Erkenntnisdefizit" gegeben. Das NSU-Trio soll auch nach seinem Untertauchen noch Kontakte nach Ludwigsburg gehabt haben.

© SZ vom 19.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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