Initiative des Militärs:Mursi und Opposition treffen sich zu Gesprächen

Tief gespalten ist die ägyptische Bevölkerung - nun greift das Militär ein und lädt zu Gesprächen über die nationale Einheit. Präsident Mursi und die Opposition sollen teilnehmen. Das brisanteste Thema bleibt allerdings ausgeklammert.

In Ägypten will es das Militär wieder richten: Angesichts der tiefen politischen Spaltung des Landes haben die Streitkräfte zum Dialog aufgerufen. Nach tagelangen Massenprotesten sollen Gespräche zur nationalen Einheit stattfinden. Armeechef und Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi habe hierzu Vertreter aller gesellschaftlichen Gruppen eingeladen, sagte ein Armeesprecher.

Sisi selbst erklärte am Abend im Fernsehen, vorrangig solle es darum gehen, das Volk zu einen. Über konkrete Fragen der Politik wie etwa das umstrittene Verfassungsreferendum am Samstag solle dagegen nicht gesprochen werden. "Wir werden uns als Ägypter zusammensetzen", betonte er. An dem Treffen mit Sisi werde auch Präsident Mohammed Mursi teilnehmen, hieß es in Militärkreisen.

Auch die Opposition sagte ihre Teilnahme wenige Stunden vor den geplanten Gesprächen zu: "Wir werden vertreten sein. Das ist bislang der Plan", sagte Ahmed Said, einer ihrer Verteter.

Die Lage in Ägypten bleibt vier Tage vor der Volksabstimmung über den islamistisch geprägten Verfassungsentwurf äußerst angespannt. Tausende versammelten sich am Dienstagabend vor dem Präsidentenpalast. Rund um eine nahegelegene Moschee kam eine noch größere Gruppe von Islamisten zusammen, die hinter Mursi stehen.

Auch in Ägyptens zweitgrößter Stadt Alexandria gingen Tausende rivalisierende Demonstranten an verschiedenen Orten auf die Straße. Mursis Anhänger riefen: "Das Volk will die Einführung des islamischen Rechts." Seine Gegner skandierten: "Das Volk will das Regime stürzen."

Vergangene Woche war es bei Protesten gegen mittlerweile aufgehobene Machtdekrete Mursis zu Straßenschlachten gekommen. Sieben Menschen wurden getötet, Hunderte verletzt. Am Dienstag wurden neun Menschen verletzt, als Unbekannte in Kairo auf oppositionelle Demonstranten schossen. Augenzeugen und ägyptische Medien berichteten, auf dem zentralen Tahrir-Platz hätten mehrere, zum Teil vermummte Angreifer Brandsätze geworfen.

Derweil soll das umstrittene Verfassungsreferendum statt an einem Tag nun in zwei Runden abgehalten werden. Das Referendum werde am 15. und am 22. Dezember stattfinden, statt wie bislang geplant nur am 15. Dezember. Das berichten die Nachrichtenagentur AFP und alarabiya.net. Offenbar sind nicht genügend Richter verfügbar, die die Abstimmung beobachten und überwachen können.

Die Entscheidung zur Aufsplittung erfolgte wenige Stunden, nachdem einer der beiden Richterverbände des Landes, der "Judges Club", entschieden hatte, das Plebiszit zu boykottieren. Zuvor hatte der zweite Richterverband, der "Egyptian Administrative State Council's Judges Club", seine Bereitschaft zur Beaufsichtigung zugesagt.

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