Hartz IV:Jobcenter in Gefahr

Ob die Jobcenter für etwa 6,5 Millionen Hartz-IV-Empfänger erhalten bleiben werden, bleibt fraglich. Die Bundesländer verlangen Änderungen im ausgehandelten Paket - die SPD wirft der Union "Wirrwarr" in den eigenen Reihen vor.

Thomas Öchsner

Der Erhalt der Jobcenter für die etwa 6,5 Millionen Hartz-IV-Empfänger und deren Angehörige bleibt weiter fraglich. Nachdem Union und SPD mühsam einen Kompromiss ausgehandelt hatten, um mit einer Änderung des Grundgesetzes die Jobcenter juristisch abzusichern, verlangen vor allem die unionsgeführten Länder zahlreiche Änderungen des ausgehandelten Pakets. Insgesamt liegen dem Bundesrat mehr als 40 Änderungsvorschläge vor.

Von der Leyen kündigt neues Jobcenter-Konzept an

Wenn Hartz-IV-Empfänger einen Termin im Jobcenter oder beim Arzt versäumen oder nicht genug Bewerbungen schreiben, werden ihre Leistungen gekürzt. 

(Foto: dpa)

In der SPD, deren Stimmen für die Änderung des Grundgesetzes nötig sind, stößt dies auf erhebliche Kritik: "Wir haben einen Riesenwirrwarr hinter den Kulissen. In der Union wird der Konsens unterschiedlich interpretiert", sagte die Sozialministerin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD) der Süddeutschen Zeitung. In der Bundesregierung gebe es offenbar niemanden, der das Durchsetzen des Jobcenter-Kompromisses steuere und aufpasse, "dass die Länder nicht auseinanderlaufen". Dreyer sieht daher die Gefahr, "dass der Kompromiss wieder in Frage gestellt wird".

Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Hubertus Heil, warnte davor, das Paket noch einmal aufzuschnüren. "Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen muss jetzt ihre Truppen zusammenhalten", sagte Heil. Die fast 350 Jobcenter, in denen Arbeitsagenturen und Kommunen die Hilfebedürftigen gemeinsam betreuen, waren 2005 entstanden.

Damals legte die rot-grüne Regierung Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammen. Das Bundesverfassungsgericht beanstandete aber diese Form der Zusammenarbeit als unzulässige "Mischverwaltung". Die Bürger müssten klar erkennen können, von welcher Behörde sie welche Leistungen beziehen. Die Richter verlangten deshalb bis spätestens Anfang 2011 die Hartz-IV-Verwaltung neu zu ordnen.

Die Bundesregierung steht nun unter Zeitdruck. Das Arbeitsministerium will das Gesetzgebungsverfahren vor der Sommerpause mit einem Beschluss des Bundesrats am 9. Juli zu Ende bringen. Derzeit steht der von Union und SPD gewünschte Erhalt der Jobcenter allerdings auch wegen der Entfristung von 3200 Vermittlerstellen der Bundesagentur für Arbeit auf der Kippe.

Die Umwandlung der Stellen in unbefristete Arbeitsverhältnisse ist wichtig, weil sie für die Sozialdemokraten Teil des Jobcenter-Kompromisses ist. Die Haushälter von Union und FDP haben die Entfristung aber bereits zweimal von der Tagesordnung des Haushaltsausschusses gestrichen. Vor allem in der FDP gibt es dagegen Bedenken, weil die Entfristung im Widerspruch zu Sparmaßnahmen stehen könnte. Der Haushaltsausschuss muss sich auf seiner nächsten Sitzung im Juni erneut damit beschäftigen. Die Liberalen sehen noch "Beratungsbedarf".

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