Geburtstagbrief für Castro:Linkspartei huldigt dem Máximo Líder

"Lieber Genosse Fidel Castro...": Die beiden Linken-Vorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst feiern den früheren kubanischen Staatschef Fidel Castro für sein Lebenswerk - und lösen damit eine Welle der Empörung aus.

In diesem Jahr hat Gesine Lötzsch viel Erfahrung sammeln können. Vor allem hat sie lernen können, wie sensibel die Öffentlichkeit in Deutschland auf bestimmte Themen reagiert. Oder besser: Hätte sie lernen können. Denn die Erfahrung aus zwei Fehltritten hat Lötzsch offenbar nicht davor bewahrt, schon wieder mit fragwürdigen Äußerungen zu provozieren.

Geburtstagbrief für Castro: Darf sich über warme Worte aus Deutschland freuen: Kubas Revolutionsführer Fidel Castro, hier auf einem Bild aus dem Jahr 1972.

Darf sich über warme Worte aus Deutschland freuen: Kubas Revolutionsführer Fidel Castro, hier auf einem Bild aus dem Jahr 1972.

(Foto: AFP)

Anfang Januar erregte die Vorsitzende der Linkspartei mit einem Aufsatz großes Aufsehen, in dem sie für eine rasche energetische Sanierung des deutschen Gebäudebestandes warb. Der Text las sich nicht wie ein kommunistisches Manifest, war aber so ähnlich überschrieben: "Wege zum Kommunismus". Im Text hieß es dann: "Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung." Über Lötzsch brach ein Sturm der Entrüstung herein, die Linken-Chefin musste versichern, das alles nicht so gemeint zu haben.

Vor zwei Wochen dann der zweite Eklat: In einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung schwadronierte Lötzsch von zwei Jahrestagen, "die eng miteinander verbunden" seien. Sie meinte damit den 70. Jahrestag des Überfalls Deutschlands auf die Sowjetunion und den 50. Jahrestag des Mauerbaus. Opferverbände und Politiker kritisierten die Geschichtsvergessenheit der Linken-Chefin und Lötzsch musste erklären, dass sie den Bau der Mauer nicht für eine zwangsläufige Folge des Zweiten Weltkrieges halte.

Kaum ist diese Welle der Empörung abgeflacht, rauscht die nächste auf die Linken-Chefin zu. Diesmal erhält Lötzsch sogar Unterstützung von Co-Chef Klaus Ernst, der bislang mehr mit seinem Lebensstil in Fettnäpfchen getreten ist. Gemeinsam schrieb das linke Führungsduo einen Brief an Fidel Castro, in dem es dem kubanischen Revolutionsführer mit folgenden Worten zu dessen Geburtstag am 13. August gratulierte:

Lieber Genosse Fidel Castro,

im Namen der Partei DIE LINKE übermitteln wir Dir anlässlich Deines 85. Geburtstages unsere herzlichsten Glückwünsche.

Du kannst voller Stolz auf ein kampferfülltes Leben und erfolgreiches Wirken an der Spitze der kubanischen Revolution zurückblicken. Die Errungenschaften des sozialistischen Kuba mit seiner Beispielwirkung für so viele Völker der Welt werden immer und zuerst mit Deinem Namen verbunden sein. Unter deiner Führung hat es Kuba verstanden, für mehr als fünf Jahrzehnte dem Druck und der Blockade der USA zu widerstehen, an seinen Idealen festzuhalten und eine neue gesellschaftliche Entwicklung einzuleiten, die dem kubanischen Volk für Lateinamerika beispiellose soziale Errungenschaften in Bildung, Wissenschaft und Kultur, im Gesundheitswesen und Sport und in vielen weiteren Bereichen gebracht hat. Kuba war und ist auf diese Weise Beispiel und Orientierungspunkt für viele Völker der Welt.

Bis der Brief mit "solidarischen Grüßen" schließt, listen Lötzsch und Ernst noch viele weitere vermeintliche Verdienste des Maximo Lider auf - zu lesen in voller Länger hier auf der Website der kubanischen Botschaft.

Die Reaktionen auf einen Brief mit vielen Lücken

Von politischen Gefangenen und Menschenrechtsverletzungen, vom autoritären System und Zehntausenden Flüchtlingen steht in dem Text kein Wort. Im Gegenteil: "Wir werden auch in Zukunft die Entwicklung in Kuba aufmerksam und voller Sympathie verfolgen und nach Kräften dazu beitragen, dass das kubanische Volk frei und ohne Druck von außen über seine Entwicklung selbst entscheiden kann".

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, hält das für unerhört: "Angesichts von 50 Jahren Menschenrechtsverletzungen auf Kuba zeigt dieser Brief, wie wenig die Linke von der Freiheit hält", sagte er der Bild.

Denkmuster aus dem Kalten Krieg

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, verurteilt den Brief als "skandalösen Kniefall der Linken vor einem Diktator, der das kubanische Volk jahrzehntelang unterdrückt hat". Erika Steinbach, CDU-Menschenrechtsbeauftragte, spricht von einen "unglaublich peinlichen Brief", der beweise: "Im deutschen Bundestag sitzen Antidemokraten."

Kritik kommt auch von den Grünen. Der Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck sagte: "In der Linkspartei scheinen die alten Denkmuster aus dem Kalten Krieg immer noch lebendig zu sein." Wer Castros Errungenschaften lobe, aber kein Wort über Menschenrechtsverletzungen verliere, der habe aus den Umbrüchen vor mehr als 20 Jahren nichts gelernt.

Gesine Lötzsch würde es schon helfen, von den Erfahrungen des vergangenen Jahres zu lernen.

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