Reaktion auf braunen Terror:Innenminister Friedrich will Register für Neonazis

Die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle schockiert Deutschland - jetzt reagiert der Innenminister: Wie Hans-Peter Friedrich der "Süddeutschen Zeitung" sagte, sollen künftig Daten über gefährliche Rechtsextremisten und politisch rechts motivierte Gewalttaten in einer zentralen Neonazi-Datei zusammengeführt werden.

Peter Blechschmidt, Claus Hulverscheidt und Jan Bielicki

Der Bund will gefährliche Neonazis in einem neuen Zentralregister erfassen. In dieser Datei sollten "Daten über gewaltbereite Rechtsextremisten und politisch rechts motivierte Gewalttaten zusammengeführt werden", sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) der Süddeutschen Zeitung. Nach der Enttarnung des Terror-Trios von Zwickau will Friedrich die Chancen für ein Verbot der rechtsextremen NPD prüfen lassen. Auch der CDU-Parteitag sprach sich dafür aus.

Rechte Gruppen demonstrieren im Berlin

Teilnehmer eines Neonazi-Aufmarschs im vergangenen Juli in Berlin: Bundesinnenminister Friedrich (CSU) will künftig Daten über gewaltbereite Rechtsextremisten in einem zentralen Register sammeln.

(Foto: dapd)

Die neue Neonazi-Datei solle ähnlich wie eine bereits bestehende Datensammlung über gefährliche Islamisten erstellt und von Verfassungsschutzämtern und Polizeibehörden in Bund und Ländern gespeist werden, sagte Friedrich. Mit dieser Ankündigung reagierte der Bundesinnenminister auf wachsende Kritik an der Rolle des Verfassungsschutzes im Fall der Mordserie der rechtsextremen Zwickauer Terroristen.

Politiker aller Parteien zeigten sich am Dienstag einig, dass die Zusammenarbeit der Behörden verbessert werden müsse. Meinungsverschiedenheiten gab es über den Einsatz sogenannter V-Leute. Die innenpolitischen Experten von Union und SPD, Hans-Peter Uhl und Michael Hartmann, erklärten nach einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste (PKGr) in Berlin V-Leute für unverzichtbar. Dagegen sagte das grüne PKGr-Mitglied Hans Christian Ströbele, diese Informanten blieben rechtsradikale Rassisten, die niemals die Aktionen ihrer Gruppierungen tatsächlich behindern würden.

Auftrieb erhielt diese Debatte durch neue Erkenntnisse über einen ehemaligen Beamten des hessischen Verfassungsschutzes, der 2006 wenige Sekunden vor dem Mord an einem Türken in einem Kasseler Internet-Café den Tatort verlassen hatte. Verbindungen zu den Zwickauer Terroristen habe der Mann nicht gehabt, hieß es in Berliner Sicherheitskreisen. Berichte, denen zufolge sich der Mann auch an anderen Tatorten der Mordserie aufgehalten haben soll, hätten sich nicht bestätigt. An fünf Orten sei der Mann nachweislich nicht gewesen, für andere habe sich sein Aufenthalt nicht mehr rekonstruieren lassen. Bei den Ermittlungen nach dem Mord in Kassel habe sich jedoch herausgestellt, dass der Mann eine rechtsradikale Gesinnung habe. In seinem Heimatort habe er den Spitznamen "der kleine Adolf" gehabt.

Hinweise auf weitere Helfer

Die Bundesregierung prüft nun auch einen neuen Versuch, die rechtsextreme NPD zu verbieten. "Die Vor- und Nachteile eines neuen NPD-Verbotsverfahrens wägen wir derzeit ab", sagte Innenminister Friedrich der SZ: "Ich selber habe keine Zweifel, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt." Der CDU-Parteitag stellte sich am Dienstag einstimmig hinter einen Antrag von Bundeskanzlerin Angela Merkel, in dem gefordert wird, die Chancen für ein neues Verbotsverfahren auszuloten. Merkel warnte jedoch in der ARD: "Wir müssen uns sehr sicher sein, dass das vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hat."

Unterdessen versuchen Fahnder zu ermitteln, ob die Terrorgruppe noch weitere Helfer hatte. Das ARD-Magazin Fakt berichtete, dass ein in Johanngeorgenstadt lebender Neonazi die Wohnung in Zwickau angemietet habe, in der die Verdächtige Beate Z. von Frühjahr 2001 bis Sommer 2008 unter falschem Namen gelebt hat. Zudem sei der 34-Jährige nach Angaben des Vermieters auch alleiniger Mieter jener Wohnung gewesen, in der Z. mit ihren Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zuletzt Unterschlupf gefunden hatten. Der Mann, der nicht festgenommen ist, bestritt, etwas mit dem Fall zu tun zu haben.

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