August Hanning vor NSU-Ausschuss:Früherer BND-Chef rühmt Verfassungsschutz

Ex-BND Präsident Hanning vor NSU Untersuchungsausschuss

Der ehemalige Präsident des Bundesnachrichtendienstes August Hanning (l.) und der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) vor der Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses.

(Foto: dpa)

Auftritt für August Hanning: Der ehemalige Staatssekretär nimmt den viel gescholtenen Verfassungsschutz in Schutz, rechtfertigt die Fusion der Abteilungen für Rechts- und Linksterrorismus - und räumt ein, die NSU-Morde falsch eingeschätzt zu haben.

Von Tanjev Schultz, Berlin

Er sollte als Zeuge eigentlich zum Versagen der Sicherheitsbehörden aussagen. Aber August Hanning hielt am Freitagmorgen im NSU-Untersuchungsausschuss erst einmal ungerührt eine Verteidigungsrede für den Verfassungsschutz. Hanning, von 2005 bis 2009 Staatssekretär im Bundesinnenministerium und zuvor sieben Jahre BND-Chef, nannte den Verfassungsschutz eine "tragende Säule" für die Sicherheit des Landes.

Leider sei der Verfassungsschutz "immer ein Stiefkind der deutschen Sicherheitspolitik gewesen". Es sei einfacher für Politiker, sich mit der Polizei zu schmücken. Das schlechte Ansehen des Verfassungsschutzes habe auch zur Folge, dass Beamte, wenn sie die Wahl hätten, lieber zur Polizei gehen würden als zum Nachrichtendienst.

Ein Problem sei auch die fehlende gemeinsame Struktur der unterschiedlichen Behörden von Bund und Ländern. "Das erschwert in der Praxis die Zusammenarbeit", sagte Hanning. Er forderte, das Bundesamt für Verfassungsschutz zu stärken, und warnte davor, das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendienst aufzugeben.

Bereits als BND-Chef war Hanning konfrontiert mit der Ceska-Mordserie an neun Migranten, die mittlerweile der rechten Terrorgruppe NSU zugerechnet wird. In der sogenannten Nachrichtendienstlage bei der Bundesregierung sei von Seiten des Bundeskriminalamts (BKA) über die Mordserie gesprochen worden. Das BKA habe vor einem Rätsel gestanden.

Abgeordnete des Ausschusses kritisierten, dass das BKA 2006 nicht die Ermittlungen zu der Mordserie übernahm und dann zentral steuerte. Stattdessen waren zahlreiche unterschiedliche Polizeibehörden an den Ermittlungen beteiligt; das BKA war nur ergänzend tätig. Hanning führte aus, dass der Beschluss über diese Organisationsweise 2006 auf Ebene von Abteilungsleitern während einer Innenministerkonferenz gefasst worden sei. Das BKA, das ursprünglich die Ermittlungen an sich ziehen wollte, sei am Ende damit einverstanden gewesen.

Zu lange auf "größere Organisationen konzentriert"

Hanning wurde von Abgeordneten dafür kritisiert, dass das Innenministerium 2006 beim Bundesamt für Verfassungsschutz die Abteilungen für Rechts- und Linksterrorismus fusionieren ließ. Dies habe zu einer "Vernachlässigung des Rechtsextremismus" geführt, sagte die SPD-Politikerin Eva Högl. Hanning verteidigte die Fusion mit dem Hinweis, dass es damals einen Spardruck gegeben habe.

Selbstkritisch zeigte sich Hanning, als es darum ging, warum die Behörden die Gefahr von untergetauchten Neonazis nicht richtig wahrnahmen. Man habe sich, unter dem Eindruck der RAF, aber auch von al-Qaida, lange Zeit auf größere Organisationen konzentriert. "Wir haben lange das Phänomen Einzeltäter unterschätzt", sagte Hanning.

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