Euro-Krise:Steinbrück fordert europäische Schulden-Union

Lesezeit: 2 min

Der mögliche Kanzlerkandidat legt sich fest: Peer Steinbrück plädiert im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" für eine gemeinschaftliche Haftung im Euro-Raum - und stellt sich damit klar hinter SPD-Parteichef Sigmar Gabriel. Im Zuge der Schulden-Union soll die EU allerdings stärker in die Finanzpolitik der Krisenländer eingreifen können.

Susanne Höll und Claus Hulverscheidt, Berlin

Der frühere Finanzminister und potenzielle Kanzlerkandidat Peer Steinbrück unterstützt die jüngsten, umstrittenen Vorschläge von Parteichef Sigmar Gabriel für eine gemeinsame Schuldenhaftung in Europa. "Der Parteivorsitzende hat recht, die Entwicklung muss und wird in diese Richtung gehen", sagte Steinbrück der Süddeutschen Zeitung. Die teilweise harsche Kritik von Union und FDP, die der SPD "Schuldensozialismus" vorwerfen, nannte er "dümmlich".

SPD-Finanzexperte Peer Steinbrück: "Deutschland soll schwächeren Ländern seine Bonität und seine Solidarität zur Verfügung stellen. Dafür darf es eine Gegenleistung einfordern." (Foto: dpa)

Europa stehe in der Euro-Krise vor einer Alternative: Entweder gäben die Staaten mehr Souveränitätsrechte an Europa ab oder man gehe den Weg der Re-Nationalisierung. Letzteres wäre für die Exportnation Deutschland "ein fataler Weg", sagte er.

Steinbrück gab zu, dass dieser Europa-Vorschlag der SPD, der mit einer Diskussion über ein starkes und geeintes Europas verbunden ist und über den am Ende das Volk abstimmen soll, den skeptischen deutschen Bürgern nicht leicht zu vermitteln sein werde. "Das wird schwer für die SPD", sagte er. Aber auch Kanzlerin Angela Merkel werde eher früher als später mit ihrem Kurs der Euro-Rettung in Deutschland in Schwierigkeiten geraten. Falls der Bundestag über ein zweites Hilfspaket für Spanien oder ein neues Not-Programm für Griechenland entscheiden müsste, werde Merkel "auf erhebliche Widerstände stoßen".

EU-Instanz mit direktem Zugriff auf die nationale Finanzpolitik

Steinbrück stellte allerdings klar, dass die SPD eine Haftungsgemeinschaft in Europa an strenge Kontrollen der Haushaltspolitik in den Nationalstaaten knüpfen will: "Deutschland soll schwächeren Ländern seine Bonität und seine Solidarität zur Verfügung stellen. Dafür darf es eine Gegenleistung einfordern." Es müsse eine EU-Instanz geben, die direkten Zugriff auf die nationale Finanzpolitik habe.

Skeptisch äußerte sich Steinbrück über die Aussichten für eine erfolgreiche Rettung Griechenlands. Er sehe die gewaltigen Belastungen für das Land. "Wenn aber Reformzusagen permanent gebrochen werden, zweifelt man, ob unsere Solidarität nicht vergeudet ist." Entschieden plädierte er für eine striktere Kontrolle von Finanzmärkten und Banken. Wenn künftig weitere Geldhäuser in Europa in Not gerieten, könnten sie nicht allein mit Steuergeld gerettet werden. Die Aktionäre der Banken müssten mit herangezogen werden.

In der SPD-internen Debatte über das Rentenniveau und die Verhütung von Altersarmut mahnte Steinbrück zu Augenmaß. Er wolle in dieser Diskussion kein Öl ins Feuer gießen, aber man dürfe weder die Beschäftigten noch die Unternehmen zu stark belasten. Zu hohe Sozialabgaben schadeten dem Wirtschaftsstandort Deutschland.

Entscheidung über Kanzlerkandidatur erst im nächsten Jahr

Die SPD will im Herbst entscheiden, wie Geringverdienern ein auskömmliches Altersgeld garantiert werden kann und entscheiden, ob sie für ein höheres Rentenniveau eintritt. Das könnte nur mit steigenden Rentenbeiträgen oder höheren Staatsausgaben finanziert werden.

Steinbrück gilt neben Steinmeier als einer der Favoriten für die Kanzlerkandidatur. Der Spitzenkandidat soll nach den bisherigen Plänen nach der Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar nominiert werden. Es gibt jedoch Spekulationen, wonach die SPD diese Kür auf den Spätherbst vorzuziehen gedenkt. Steinbrück mahnte zu Besonnenheit. Der Kandidat werde üblicherweise sechs bis acht Monate vor der Wahl benannt.

"Wer länger im Ring steht, wird schnell wund gerieben. Man muss omnipräsent sein und ist in der heißen Wahlkampfphase ausgelaugt", sagte er. Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel widersprach Terminspekulationen entschieden. "Es bleibt beim Zeitplan", sagte Gabriel der SZ.

Das gesamte Interview lesen Sie in der Süddeutschen Zeitung vom 11./12. August.

© SZ vom 11.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: