Einwanderer:Krise treibt Griechen und Spanier nach Deutschland

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Wenn Proteste nicht mehr helfen: Immer mehr Griechen emigrieren aus wirtschaftlicher Not nach Deutschland. (Foto: AFP)

Die Zahl der Einwanderer steigt in diesem Jahr deutlich an. Arbeitslosigkeit und finanzielle Not lassen zunehmend Menschen aus den südlichen Euro-Krisenländern nach Deutschland emigrieren. Allerdings kommen noch immer deutlich mehr Zuwanderer aus den östlichen EU-Staaten.

Von Barbara Galaktionow

Das Jahr ist noch nicht zu Ende, doch bereits jetzt steht fest: Die Zahl der Menschen, die nach Deutschland einwandern, steigt 2012 deutlich an. Das zeigen Zahlen, die das Statistische Bundesamt aus Anlass des heutigen "Internationalen Tages der Migranten" veröffentlicht hat. Sie machen deutlich: Die Finanzkrise in Europa zwingt vor allem von Arbeitslosigkeit und finanzieller Not geplagte Menschen aus den südlichen EU-Staaten zur Migration.

  • Sehr viel mehr Migranten Noch liegen die Zahlen für 2012 nicht komplett vor, doch eines steht bereits nach dem Blick auf das erste Halbjahr 2012 fest: "Am Ende des Jahres werden deutlich mehr ausländische Mitbürger in Deutschland leben als zu Beginn des Jahres", sagt Gunter Brückner, zuständiger Sachbearbeiter im Statistischen Bundesamt. Die sogenannte Nettozuwanderung - also der Abgleich von Ein- und Auswanderern - lag allein von Januar bis Juni 2012 bei 300.000 Menschen. Damit setze sich der deutliche Anstieg an Zuwanderern, der bereits 2011 sichtbar geworden wäre, auch in diesem Jahr fort. 2011 zogen etwa 250.000 Migranten nach Deutschland - in den Jahren 2002 bis 2010 waren es hingegen jährlich je etwa 100.000 Menschen.
  • Einwanderer aus Euro-Krisenstaaten Mehr als ein Fünftel der Griechen und Spanier ist arbeitslos, bei den jungen Menschen sogar etwa jeder Zweite; auch Portugiesen und Italiener leiden unter Arbeitslosenzahlen von mehr als zehn Prozent. Viele Menschen verlassen deshalb die Krisenstaaten - unter anderem Richtung Deutschland: Während im ersten Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende die Zuwanderung aus den klassischen Mittelmeerländern konstant niedrig gewesen sei oder sogar abgenommen habe, zeige sich inzwischen eine klare Trendwende, sagt Brückner. 2012 lägen die Zuzugsraten aus den südlichen Euro-Krisenstaaten im zweistelligen Bereich, allein im ersten Halbjahr seien aus den vier Krisenstaaten zwischen etwa 8000 und mehr als 20.000 Menschen nach Deutschland gezogen. Es sei "eindeutig eine ökonomisch gesteuerte Zuwanderung", stellt der Statistik-Experte fest.
  • Zuwanderer aus östlichen EU-Staaten Noch stärker zu Buche schlägt allerdings die Einwanderung aus den früheren Ostblock-Staaten, die im Zuge der jüngsten Erweiterungen 2004 und 2007 zur Europäischen Union gestoßen sind: So wanderten beispielsweise aus Polen, für das bereits die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU gilt, allein im ersten Halbjahr mehr als 100.000 Menschen nach Deutschland ein. Aus Rumänien, das hier noch Einschränkungen unterliegt, kamen in diesem Zeitraum mehr als 50.000 Menschen. Brückner betont, dass man vom ersten Halbjahr nicht zwangsläufig auf die Entwicklung im zweiten Halbjahr schließen dürfe - doch verdeutlichen diese Werte zumindest die Größenordnung, in welcher sich die Zuwanderung aus den östlichen Staaten im Vergleich zu den südlichen Krisenstaaten bewegt.
  • Flüchtlinge Nicht immer sind es ökonomische Motive, die Menschen dazu bewegen, nach Deutschland zu kommen. Viele fliehen vor Krieg oder Bürgerkrieg. In den vergangenen Jahren kamen diese Flüchtlinge unter anderem vom Balkan, aus dem Irak, Iran und Afghanistan und zuletzt aus den Staaten des Maghreb (vor allem Libyen und Tunesien) und der arabischen Welt (zum Beispiel Syrien oder Ägypten), teilt das Statistische Bundesamt mit.

Insgesamt leben 10,7 Millionen Migranten aus 194 Ländern in Deutschland - jeder achte Einwohner ist damit im Ausland geboren. Die Mehrheit dieser Menschen stammt aus Europa (7,4 Millionen Menschen), knapp die Hälfte davon aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (3,5 Millionen).

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Die wichtigsten Herkunftsländer sind die ehemalige Sowjetunion und ihre Nachfolgestaaten mit 2,4 Millionen Personen, die Türkei mit 1,5 Millionen und Polen mit 1,1 Millionen Menschen. 1,4 Millionen Migranten leben seit mehr als 40 Jahren in Deutschland, mehr als die Hälfte (5,9 Millionen) wanderten zwischen 1990 und 2010 zu.

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