Debatte um Familienförderung:Hamburg klagt gegen Betreuungsgeld

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Der Hamburger Senat zieht mit einer Klage gegen das Betreuungsgeld vor das Verfassungsgericht. Noch ist offen, ob Karlsruhe eine Entscheidung trifft, bevor die umstrittene Familienförderung im August in Kraft tritt. Koalitionspolitiker kritisieren die Klage als "Populismus pur".

Der Hamburger Senat hat beim Bundesverfassungsgericht die angekündigte Klage gegen das Gesetz zum Betreuungsgeld eingereicht. "Dem Bund fehlt es an der notwendigen Gesetzgebungskompetenz. Eine bundeseinheitliche Regelung ist nicht erforderlich", sagte Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD). Das Vorhaben sei auch aus gleichstellungspolitischer Sicht falsch. "Es hält Frauen davon ab, nach der Geburt eines Kindes wieder ins Berufsleben einzusteigen."

Eltern, die für ihr Kind im zweiten und dritten Lebensjahr keinen Kita-Platz oder eine staatlich bezahlte Tagesmutter in Anspruch nehmen, sollen ein monatliches Betreuungsgeld von zunächst 100 Euro, später 150 Euro erhalten.

Die Hamburger Landesregierung kritisiert, dass das Betreuungsgeld die Gestaltungsfreiheit der Eltern einschränke. Wer sein Kind nur eine Stunde in der Woche in eine staatlich geförderte Kita gebe, verliere den Anspruch auf Betreuungsgeld.

In Hamburg wird die neue Leistung für Eltern laut Senat voraussichtlich 22,5 Millionen Euro pro Jahr kosten. Damit könnten 2100 zusätzliche Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren finanziert werden, meinte Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD). "Das Betreuungsgeld zementiert ein überholtes Familienbild und hält vor allem Kinder aus sozial benachteiligten Familien aus den Kitas fern", erklärte der Politiker. Das konterkariere das Bemühen des Hamburger Senats um Chancengleichheit mit frühkindlicher Bildung.

Betreuungsgeld könnte vorerst kommen

Ein Sprecher des Verfassungsgerichtes erklärte, es sei noch nicht absehbar, wie lange es bis zu einer Entscheidung dauern werde. Hamburg hat keinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sollte sich das Verfahren hinziehen, würde das Betreuungsgeldgesetz zum 1. August erst einmal wie geplant in Kraft treten.

Die CSU im Bundestag kritisierte die Verfassungsklage Hamburgs. Dies sei "Populismus pur", sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Sie sehe der Klage gelassen entgegen. Bundespräsident Joachim Gauck hatte das vor allem von der CSU forcierte Gesetz am vergangenen Freitag unterschrieben. Es war auch innerhalb der schwarz-gelben Koalition lange umstritten. Zuletzt hatte ein Gutachten die Familienpolitik der Regierung heftig gerügt.

Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Manuela Schwesig hatte versichert, eine SPD-geführte Bundesregierung werde unabhängig von der Klage das Betreuungsgeld unmittelbar nach der Bundestagswahl wieder abschaffen. Das dafür vorgesehene Geld werde in den Kita-Ausbau investiert. Im Bundesrat war es SPD und Grünen nicht gelungen, das Betreuungsgeld zu stoppen. Wie Hamburg haben auch die Sozialdemokraten angekündigt, gegen das Betreuungsgeld zu klagen.

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