Bundeswehr im Ausland:Warum Merkel auf Kampfdrohnen setzt

Aufklärungsdrohe Heron 1

Ein Bundeswehrtechniker in Afghanistan arbeitet im September 2011 an einer Aufklärungsdrohne vom Typ Heron 1 - bisher setzt die deutsche Armee nur unbewaffnete Drohnen ein.

(Foto: dpa)

Eine Einladung zum Krieg per Fernsteuerung? Oder die notwendige Modernisierung für Auslandseinsätze? Die Bundesregierung überlegt, die Bundeswehr mit Kampfdrohnen auszustatten - und beruft sich auf drei Vorteile. Doch der amerikanische Anti-Terror-Krieg hat den Ruf der Flugroboter ramponiert.

Von Antonie Rietzschel und Martin Anetzberger

Kampfdrohne. Kaum ein Begriff ist in der aktuellen Debatte um die Sicherheitspolitik negativer besetzt. Die unbemannten Flugobjekte finden vor allem Erwähnung, wenn das US-Militär in Pakistan oder Afghanistan gezielt mutmaßliche Terroristen oder Aufständische tötet.

Deutschland setzt bisher lediglich unbewaffnete Aufklärungsdrohnen ein, doch überlegen Bundeswehr und Verteidigungsminister Thomas de Maizière bereits seit einiger Zeit, die Luftfahrzeuge auch im Kampf einzusetzen. Die Linksfraktion wollte sich genauer über die Pläne informieren und stellte eine Kleine Anfrage im Bundestag. Jetzt wurde die Antwort der Regierung bekannt.

Demnach will die Bundesregierung in Zukunft Drohnen kaufen, die auch bewaffnet werden können. "Eine mögliche Bewaffnung der Plattform ist Teil der Überlegung", bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Eine Entscheidung darüber sei aber zwar noch nicht gefallen, das solle aber in der ersten Jahreshälfte 2013 geschehen. Von der bevorstehenden Kürzung des Wehretats ist das Vorhaben dem Ministerium zufolge nicht betroffen.

Der Charakter eines deutschen Drohneneinsatzes würde sich demnach deutlich von der Praxis der USA bei ihren Einsätzen - vor allem im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet - unterscheiden. Dass deutsche Soldaten Drohnen zur gezielten Tötung von Terroristen einsetzen, ist schwer vorstellbar. Dennoch wären diese Flugroboter in der Bundeswehr auch für den Kampfeinsatz gedacht. Ein Einsatz sei aber lediglich gemäß des Grundgesetzes und des vom Bundestag mandatierten Auftrags möglich, heißt es aus dem Verteidigungsminsterium. Dem liege auch das Völkerrecht zu Grunde.

Drei Vorteile gegenüber Kampfflugzeugen

Warum will die Bundeswehr dann überhaupt bewaffnete Drohnen bei ihren Auslandseinsätzen verwenden? Das Verteidigungsministerium nennt drei Vorteile, die sie gegenüber Flugzeugen und Hubschraubern hätten: Da sie ferngesteuert seien, begebe sich kein Soldat in unmittelbare Gefahr. Sie seien wesentlich kleiner und leichter und deswegen vom Gegner schwerer aufzuspüren. Der geringe Energieverbrauch ermögliche der Drohne, sehr lange über einem Gebiet zu fliegen und damit ein besseres Lagebild zu liefern. Das soll insbesondere dabei helfen, zivile Opfer zu vermeiden und die eigenen Truppen besser zu schützen. Und: Ein fernsteuernder Soldat könnte im Kampfesfall etwas besser zielen, als ein Pilot, der sein Ziel sehr schnell überfliegen müsse.

Kampfszenarien für die Drohne nennt das Papier der Bundesregierung nicht. Es sei denkbar, am Boden kämpfende Soldaten aus der Luft zu unterstützen oder auch bei Aufklärungsflügen feindliche Kämpfer anzugreifen, heißt es aus dem Verteidigungsministerium. Dies sei aber jeweils vom Einzelfall abhängig. Mögliche Waffen, die auf der Drohne platziert werden könnten, seien zum Beispiel Luft-Boden-Raketen oder Maschinenkanonen.

Vorerst sind solche Gedankenspiele aber noch Theorie: Bis Oktober 2014 hat die Bundeswehr unbewaffnete Drohnen des Typs Heron 1 geleast, die in Israel gebaut werden. Danach könnte die bewaffnete Drohne zum Einsatz kommen - doch wer sie bauen wird, ist unklar, da über die Entwicklung einer europäischen Drohne noch debattiert wird.

Als kurzfristige Alternative könnte sich Deutschland für das Heron-Nachfolgemodell TP, aber auch für die amerikanische Predator-Drohne entscheiden. Die hat sich zwar bei amerikanischen Einsätzen in Ländern wie Afghanistan, Pakistan, Jemen und Somalia als zuverlässig erwiesen, doch die Bundeswehr würde wahrscheinlich keinen genauen Einblick in die Technik erhalten - auch unter Verbündeten eine inakzeptable Einschränkung.

Auch die USA debattieren

Neben der Entscheidung über ein Modell steht auch eine Ethik-Debatte an - trotz aller Beschränkungen durch die jeweiligen Mandate des Bundestags. Die Opposition forderte inzwischen bereits eine breite öffentliche Diskussion vor einer mögliche Entscheidung. Die findet inzwischen auch in den USA statt - nicht zuletzt wegen steigender Opferzahlen und fehlender Transparenz. Bisher ist unklar, nach welchen Vorgaben Angriffe geplant werden.

Das soll sich bald ändern. Derzeit arbeitet der Geheimdienst CIA an einem Playbook, das feste Vorgaben für einen Drohnenangriff beinhalten soll, wie die Washington Post vor einigen Tagen berichtete. Druck bekommen die USA mittlerweile auch von außen: Die Vereinten Nationen (UN) haben sich eingeschaltet - sie wollen untersuchen, ob einige der Angriffe gegen das Völkerrecht verstoßen.

Ein Bericht der britischen Organisation Büros für investigativen Journalismus" nennt alarmierende Opferzahlen: Bei insgesamt 362 Einsätzen sollen zwischen 2004 und 2012 knapp 3500 Menschen getötet worden sein, etwa 900 davon Zivilisten.

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