Bundessozialgericht zu Hartz IV:Ein-Euro-Job für Akademiker zumutbar

Urteil des Bundessozialgerichts: Arbeitslose Akademiker müssen im Fall von Arbeitslosigkeit auch für einen Euro in der Stunde arbeiten. Lehnen sie dies ab, kann ihnen die staatliche Unterstützung gekürzt werden. Außerdem fiel in Kassel ein Urteil zum Wohnraumanspruch.

Ein-Euro-Jobber müssen auch eine Arbeitszeit von 30 Stunden die Woche grundsätzlich hinnehmen. Lehnen Hartz-IV-Empfänger die Arbeitsgelegenheit in diesem Umfang ab, kann ihnen das Arbeitslosengeld II um 30 Prozent gekürzt werden, urteilte das Bundessozialgericht in Kassel (Aktenzeichen: B 4 AS 60/07 R).

Bundessozialgericht zu Hartz IV: Sofern Ein-Euro-Jobs erforderlich und angemessen sind, sind auch Arbeitszeiten von 30 Stunden pro Woche in Ordnung, sagt das Bundessozialgericht.

Sofern Ein-Euro-Jobs erforderlich und angemessen sind, sind auch Arbeitszeiten von 30 Stunden pro Woche in Ordnung, sagt das Bundessozialgericht.

(Foto: Foto: AP)

Die Arbeitsgelegenheiten seien Eingliederungsleistungen, um den Arbeitslosen zu fördern und um ihn später wieder in Lohn und Brot zu bringen. Die Ein-Euro-Jobs müssten dabei allerdings erforderlich und angemessen sein. Dann sei eine 30-stündige Arbeitszeit pro Woche möglich, urteilte der Vierte Senat. Die Bundesrichter sahen in dem einen Euro allerdings keine Entschädigung für die geleistete Arbeit, sondern in der Arbeit ein Element des "Forderns und Förderns" von Arbeitslosen.

Einzelfall muss noch geklärt werden

Geklagt hatte ein heute 58 Jahre alter Ingenieur aus dem Ostallgäu. Der Mann war mehrere Jahre arbeitslos und sollte zuletzt für 1,50 Euro die Stunde im Auftrag der Gemeinde Bäumchen mit einer Wildschutzfolie umwickeln. Er weigerte sich, weil er gesundheitlich nicht dazu in der Lage sei und die 30 Stunden in der Woche unzumutbar seien.

Seiner Meinung nach verdrängen derartige Jobs andere reguläre Arbeitsplätze, zudem habe er selbst dann keine Zeit mehr, eine richtige Arbeit zu suchen. Dem folgten die Kasseler Richter nicht. Eine Konkurrenz könnte sich nur aus der Art, nicht aus der Zeit einer Beschäftigung ergeben.

Das Bundessozialgericht urteilte aber, dass es nicht auf den Umfang, sondern auf die Art der Arbeit ankomme. Den konkreten Fall verwies der Senat an das Bayerische Landessozialgericht zurück. Dort müsse noch genau geklärt werden, um welche Tätigkeit es bei dem Ein-Euro-Job genau ging und ob dem Kläger eine Rechtsfolgenbelehrung bei Ablehnung der Maßnahme mitgeteilt worden ist.

Urteil zum Anspruch auf Lagerraum

Die obersten deutschen Sozialrichter in Kassel haben in einem Urteil den im Gesetz genutzten Begriff der Unterkunft genauer definiert. Demnach ist eine Unterkunft nicht nur Wohnraum, sondern umfasst alles, was für ein menschenwürdiges Wohnen notwendig ist. Sei der Wohnraum sehr beengt, müssten die Behörden für eine gewisse Zeit auch einen Lagerraum bezahlen (Az.: B 4 AS 1/08 R).

Geklagt hatte ein arbeitsloser Jurist aus dem fränkischen Schwabach, der seit 1997 ein Zimmer in einem Obdachlosenheim bewohnt. Zudem hat er seitdem eine Scheune gemietet, deren Kosten in Höhe von knapp 77 Euro im Monat die Behörden zahlen sollten. Der 54-Jährige argumentierte, dass die Kosten für die Scheune und sein 19 Quadratmeter großes Zimmer noch immer unter den Regelkosten für eine Wohnung liegen würden. Die Stadt Schwabach wollte hingegen nicht zahlen, weil die Scheune kein Wohnraum sei.

Fall noch nicht entschieden

Die Bundesrichter verwiesen den Fall nun an das Landessozialgericht zurück, er blieb so noch unentschieden. Gleichwohl stellte der Senat grundsätzlich klar, dass ein Empfänger des Arbeitslosengeldes II Anspruch auf einen Lagerraum haben könne. Mit einem Zimmer müsse der Bedarf eines Menschen nicht gedeckt sein und niemandem könne zugemutet werden, auf seine gesamte Habe zu verzichten. Das gelte vor allem, wenn die Notlage nur vorübergehend sei.

Das Landessozialgericht müsse den Fall des 54-Jährigen, der immerhin seit elf Jahren so lebe, noch einmal prüfen und vor allem klären, was in der Scheune untergebracht sei. Ein Auto, Antiquitäten oder die Ergebnisse einer Sammelleidenschaft seien kein "geschütztes Vermögen", sondern könnten verkauft werden, bevor man Steuergelder in Anspruch nehme. In der Verhandlung hatte der Vorsitzende Richter gesagt: "Es ist ein Unterschied, ob ein Arbeitsloser in der Scheune seine Möbel oder seine gesammelten Bierdeckel oder Micky-Maus-Hefte lagert."

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