Boris Palmer:Boris Palmer - Seit' an Seit' mit der CDU

Tübingens Oberbürgermeister Palmer stellt sein Buch  vor

Schwarz-grüne Buchvorstellung: Julia Klöckner und Boris Palmer bei der Präsentation von "Wir können nicht allen helfen".

(Foto: dpa)
  • Tübingens grüner Oberbürgermeister Palmer stellt in Berlin sein Buch "Wir können nicht allen helfen" über Deutschland und die Flüchtlinge vor.
  • Der Titel passt zu Palmers Image als "grüner Sarrazin" und Kritiker von Kanzlerin Merkel.
  • Zur Seite steht ihm bei der Buchvorstellung CDU-Politikerin Julia Klöckner, die sagt: "Dieses Buch taugt nicht zum Skandal."

Von Pia Ratzesberger, Berlin

Der Saal ist voll, die Kameras an, Boris Palmer hat es mal wieder geschafft. Er sitzt vorne auf der Bühne im Haus der Bundespressekonferenz, ein Journalist fragt ihn gerade, was er von einer schwarz-grünen Bundesregierung halten würde. Man muss in diesem Moment noch einmal festhalten: Boris Palmer ist Oberbürgermeister in Tübingen. Er lächelt, entgegnet, er könne sich dazu nicht äußern, "ich bin ein einfaches Parteimitglied, sagt der Kretschmann". Und wenn der Ministerpräsident Baden-Württembergs das sage, dann stimme das auch. Boris Palmer hält sich zurück. Das ist ungewöhnlich.

Deutschland hat viele Bürgermeister, manchmal sitzen in Talkshows die der Großstädte - plötzlich aber saß da auch Boris Palmer. Im Herbst 2015 widersprach er der Kanzlerin bei ihrem Satz "Wir schaffen das", er forderte mehr Abschiebungen, eine stärkere Kontrolle der Grenzen, er verfasste auf Facebook einen Beitrag nach dem anderen. Ihm folgen dort mittlerweile mehr als 35 000 Menschen und nun sitzt er in Berlin, weil er ein Buch geschrieben hat. Es heißt "Wir können nicht allen helfen." Julia Klöckner findet, es sei der falsche Titel.

Die stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU steht an diesem Tag neben Palmer, sie ist eingeladen, um sein Buch zu besprechen. Das sei nichts Ungewöhnliches, sagt sie gleich zu Beginn, der frühere FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle habe sein Buch einmal vom früheren Fraktionschef der Linken besprechen lassen, Gregor Gysi. Sie wisse schon, das solche Konstellationen "elektrisierend" wirken, ein großer Streit aber ist nicht zu erwarten, was Palmer schreibe, sei "sehr lesenswert". Klöckner sagt: "Dieses Buch taugt nicht zum Skandal." Im Unterschied zu vielen anderen im Internet habe sie das Buch gelesen. Und es stünde etwas anderes darin, als der Titel suggeriere.

Das Buch kam vielen nicht recht, mitten im Wahlkampf

Den hat Palmer geschickt gewählt, denn er passt zu dem Image, das er sich in den vergangenen Monaten erarbeitet hat: Für die einen ist er der Politiker, der sich endlich mal traut zu sagen, "wie es wirklich ist". Für die anderen ist er ein Hetzer, ein "grüner Sarrazin". Alle erwarten von Palmer also genau solch ein Buch, eine Kampfschrift gegen "Wir schaffen das". Die Sache ist nur, dass er das nicht geschrieben habe, sagt Klöckner.

Der sonst aufgeregte Palmer, der mal eben raushaut, dass Brasilien genauso gefährlich sei wie Afghanistan, der Massengentests unter gambischen Flüchtlingen fordert, schreibt in diesem Buch meist recht unaufgeregt. Er erzählt von seinen Erlebnissen als Oberbürgermeister in Tübingen, von Notunterkünften, besorgten Nachbarn und Gemeinderatssitzungen. Auf seine Facebook-Einträge angesprochen sagt Palmer nur, er habe bisher in sechs Jahren um die 60 000 Posts verfasst - es sei doch klar, dass da ein Gedanke manchmal nicht zu Ende gedacht sei, noch dazu "zwischen zwei Terminen an der Bushaltestelle". Palmer gesteht sich genau das zu, was er in seinem Buch selbst so stark kritisiert: vorschnelle, unreflektierte Urteile. Vielleicht hält er sich deshalb an diesem Tag in Berlin zurück. Vielleicht aber auch, weil er sich in seiner Partei unbeliebt genug gemacht hat.

Auch sein Buch kam vielen nicht recht, mitten im Wahlkampf. Eigentlich war der Termin für die Veröffentlichung Ende August angesetzt, ihm sei dann aufgefallen, dass dies womöglich doch zu nah dran sei an der Bundestagswahl am 24. September, sagt Palmer - den gleichen Gedanken hätten auch Parteifreunde gehabt, die im Besitz seiner Handynummer sind. Sie haben den Termin dann also nochmal verschoben, auf Anfang August.

Eine CDU-Politikerin wie Julia Klöckner dürfte die zeitliche Nähe zur Wahl weniger ärgern, sie verweist auf das letzte Kapitel in Palmers Buch, es trägt die Überschrift "Lösungen". Davon habe sie auf den 30 Seiten zwar zu wenige gefunden, sagt sie, aber über den letzten Satz habe sie sich sehr gefreut. Da steht ein Zitat der Kanzlerin im Buch eines Grünen. Dort hat Boris Palmer geschrieben: "Wir schaffen das".

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