Afghanistan-Einsatz:Bedingt abzugsbereit

Der Begriff Abzug führt in die Irre. Der "Fortschrittsbericht Afghanistan" der Bundesregierung zeigt wieder einmal, wie gefährlich dieses Land noch immer ist. In zwei Jahren wird nicht alles vorbei sein. Noch ist Zeit, den Deutschen die Wahrheit beizubringen.

Christoph Hickmann

Das Wort "Abzug" lässt keinen Spielraum für Interpretationen, eigentlich. Abzug heißt Abzug: raus hier, vollständig, keiner bleibt zurück. Folgt man dieser Definition, wird es allerdings in der nächsten Zeit keinen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan geben. Der Begriff Abzug, auf den die schon immer skeptisch bis ablehnend eingestellte deutsche Öffentlichkeit seit Jahren ihr ganzes Sehnen richtet, führt, ob nun bewusst oder unbewusst benutzt, in die Irre.

Der neue "Fortschrittsbericht Afghanistan" der Bundesregierung (sind Rückschritte qua Titel verboten?) zeigt wieder einmal, wie gefährlich dieses Land noch immer ist, mehr als ein Jahrzehnt nach der Invasion, trotz massiver Truppenpräsenz. Wenn deutsche Soldaten in diesem Umfeld nach 2014 die afghanische Armee ausbilden sollen, wird es also auch Soldaten geben müssen, die diese Ausbilder schützen. Das können schnell deutlich mehr sein, als man sich wünscht - und schon ist der Punkt erreicht, an dem die Öffentlichkeit sich getäuscht fühlt: Hatten die uns nicht was von Abzug erzählt?

Es wird in zwei Jahren nicht alles vorbei sein, es wird auch nach dem vermeintlichen Abzug Verletzte geben, Tote womöglich, keiner weiß, wie lang. Wer das nicht zugibt, darf sich auch nicht mehr beklagen, wenn die breite Mehrheit dann umso lauter fordert: raus, und zwar so schnell wie möglich. Noch ist Zeit, den Deutschen die Wahrheit beizubringen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: