95,5 Prozent für den Vorsitzenden:SPD stärkt Kurt Beck

SPD-Parteichef Beck hat nach seiner Wiederwahl die Korrektur der Agenda 2010 verlangt. Der Parteitag bestätigte den neuen Kurs: Die Delegierten beschlossen mit überwältigender Mehrheit Becks Neun-Punkte-Programm für ein soziales Deutschland.

Susanne Höll

Kurt Beck ist am Freitag vom SPD-Parteitag in Hamburg in seinem Amt als Parteivorsitzender gestärkt worden. Nach dem wochenlangen Streit mit Arbeitsminister Franz Müntefering um das Arbeitslosengeld für Ältere, den er für sich entschieden hat, wurde Beck mit 95,5 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Der Parteitag unterstützte Becks Kurskorrektur.

SPD Parteitag Kurt Beck ddp

SPD-Chef Kurt Beck

(Foto: Foto: ddp)

Die Delegierten belohnten Beck mit dem Wahlergebnis offensichtlich dafür, dass er sich im Konflikt mit Müntefering, der auch Vizekanzler der Großen Koalition ist, um die längere Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I führungsstark durchgesetzt hatte. Von 508 abgegebenen Stimmen erhielt Beck 483 Ja- Stimmen. 17 Delegierte votierten mit Nein, sechs enthielten sich. Bei seiner Wahl 2006 hatte Beck 95,07 Prozent erhalten.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier und die Wortführerin der SPD-Linken, Andrea Nahles, wurden zu neuen Stellvertretern Becks gewählt. Finanzminister Peer Steinbrück wurde als Vize bestätigt. Steinmeier erhielt mit 85,5 Prozent das beste Ergebnis, Steinbrück bekam 75,4 Prozent und Nahles überraschend nur 74,8 Prozent. Beck hat künftig nur noch drei statt fünf Stellvertreter.

Bestätigt wurde Hubertus Heil als Generalsekretär mit 80,9 Prozent. Zur Nachfolgerin von Inge Wettig-Danielmeier,71, die 16 Jahre lang Schatzmeisterin der SPD war, wurde Barbara Hendricks mit 87,6 Prozent gewählt.

Am Abend bestätigte der Parteitag eindrucksvoll den stärker sozial ausgerichteten Kurs Becks. Ohne Aussprache beschlossen die Delegierten mit überwältigender Mehrheit Becks Neun-Punkte-Programm für ein soziales Deutschland, das vorsieht, Älteren künftig wieder länger Arbeitslosengeld zu zahlen. Der Parteitag sprach sich auch für ein neues NPD-Verbotsverfahren aus.

Kein Linksrutsch

In seiner zweistündigen Rede sagte Beck, die SPD sei eine Partei, die sich über Sachfragen streite, "und das wird auch die Kultur der SPD bleiben". Er bekannte sich im Grundsatz zu der vom früheren Kanzler Gerhard Schröder entwickelten Agenda 2010, plädierte aber für punktuelle Änderungen.

Die SPD wolle eine gerechtere Verteilung in der Gesellschaft, zugleich widersprach Beck aber dem Eindruck, es habe unter seiner Führung einen Linksrutsch gegeben.

Beck präsentierte sich und die SPD als Fürsprecher der kleinen Leute. Er verlangte einen Mindestlohn und dankte Müntefering ausdrücklich für dessen Einsatz bei diesem in der Großen Koalition umstrittenen Thema. Auch will Beck weiter über Möglichkeiten nachdenken, wie die Folgen der Rente mit 67 für bestimmte schwerbelastete Berufsgruppen gemildert werden können.

Starken Beifall erhielt er für die Forderung, auch Kindern aus armen Verhältnissen die besten Bildungsmöglichkeiten zu geben, angefangen von kostenlosen Krippen- und Kindergartenplätzen. Ziel sei ein "vorsorgender Sozialstaat".

Keinen Applaus bekam er für den Appell, den Vorschlag von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee zur Privatisierung der Bahn zu unterstützen. Die Bahn brauche mehr Kapital, sagte Beck. Über diese umstrittene Initiative, die auch die Einführung einer Volksaktie vorsieht, wollen die Delegierten an diesem Samstag entscheiden.

Beck ermunterte seine Partei zur Zuversicht. Sie könne stolz auf ihre Politik sein. '"Die SPD will regieren, weil sie nur, wenn sie regiert, das zu verwirklichen in der Lage ist, was sie propagiert" , sagte er. Schröder sagte Beck Loyalität zu, appellierte aber auch an den Parteitag, die Regierungsmitglieder der SPD zu unterstützen, die Becks Sozialkurs eher skeptisch gegenüberstehen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: