75. Jahrestag des Reichstagsbrandes:Formaler Freispruch nach dem Tod

Weil er den Reichstagbrand gelegt haben sollte, richteten die Nazis Marinus van der Lubbe hin. Die Bundesrepublik hob das Urteil - allerdings nur aus formalen Gründen.

Robert Probst

Marinus van der Lubbe wurde am 23. Dezember 1933 im sogenannten Leipziger Reichstagsbrandprozess wegen Hochverrats in Tateinheit mit aufrührerischer Brandstiftung und versuchter einfacher Brandstiftung zum Tode verurteilt. Er wurde wenige Tage vor seinem 25. Geburtstag, am 10. Januar 1934, enthauptet.

Der Kampf von Verwandten und Freunden gegen dieses NS-Unrechtsurteil dauerte 74 Jahre. Erst am 10. Januar 2008 stellte die Bundesanwaltschaft die Aufhebung des Urteils fest.

Bereits wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte sich van der Lubbes Bruder für eine zumindest juristische Wiedergutmachung eingesetzt. Das Berliner Landgericht setzte 1967 jedoch nur eine Milderung der Strafe durch. Der Vorwurf des Hochverrats wurde fallengelassen, für die Brandstiftung wurde posthum eine Zuchthausstrafe von acht Jahren festgesetzt.

Die jetzige Feststellung der Bundesanwaltschaft ist jedoch kein nachträglicher Freispruch, sie geschah aus formalen Gründen. Bezug genommen wird auf das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege aus dem Jahr 1998.

Demnach beruhte die Verurteilung van der Lubbes auf zwei NS-Vorschriften, die dem Rechtsstaatsprinzip zuwiderliefen. Zum einen wurde durch die Reichstagsbrandverordnung die Todesstrafe für Brandstifter eingeführt, zum anderen war im März 1933 eigens ein Gesetz (Lex van der Lubbe) erstellt worden, wonach diese Strafverschärfung auch für Taten, die vor dem 28. Februar 1933 verübt worden waren, angewendet werden dürfe.

Der Fall van der Lubbe ist juristisch abgeschlossen, historisch aber nicht - denn die Frage nach der Täterschaft wird wohl auch weiterhin immer wieder erörtert werden.

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